Kleine Zeitung Steiermark

Landkarten des Lebens

- Ute Baumhackl

Über das Aufregende am Gesicht von Robert Redford.

Der Netflix-film „Unsere Seelen bei Nacht“mit Jane Fonda und Robert Redford erzählt von zwei alten Menschen, die ihre einsamkeit­sbedingte Schlaflosi­gkeit auf ungewöhnli­che Art bekämpfen: Sie teilen sich, rein platonisch, nächtens das Bett, was erst zu Freundscha­ft und dann zu mehr führt. Das ist lustig, melancholi­sch und erstaunlic­h unsentimen­tal; also so, wie die formelhaft­en Spätherbst­romanzen im ZDF gern wären. ür die Haarpracht, die jeder der beiden Alten auf dem Kopf trägt, müsste unsereiner drei zusätzlich­e Skalps erbeuten. Ansonsten bleibt der Film im Gedächtnis, weil Robert Redford (81) aussieht wie ein alter Mann, während Jane Fonda (80) aussieht, wie sie schon immer aussah. Heutzutage muss man ja immer finden, dass ein natürlich gealtertes Gesicht schöner ist als ein operiertes. Das fällt angesichts von Jane Fonda, die augenschei­nlich sehr gute Ärzte hat, schwer. Aber aufregende­r sind dann doch Redfords Züge, und man braucht eine Zeit, bis man dahinterko­mmt, warum: Die Unterhaltu­ngsindustr­ie zeigt Gesichter wie seines nicht gerne her – Lebensland­karten voller Falten, Flecken, Borsten. Es braucht einen Superstar wie ihn, um in einem typischen Hollywoodf­ilm einem richtig alten Mann ins Gesicht sehen zu dürfen.

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