Kleine Zeitung Steiermark

„Wir müssen jetzt reden!“

- Von Julia Schafferho­fer

Der Genetiker Markus Hengstschl­äger über die Lösungsbeg­abung

als größtes Talent des Menschen, die Mitmach-krise und darüber, was wir in der Gegenwart als Ermögliche­r anpacken sollen.

ein Haus gezeichnet – lila, rund, mit rundem Tor, und ohne Fenster. Die Eltern fragen: „Was ist das?“Das Kind antwortet: „Das ist ein Haus.“Und die Eltern denken, sie sollten dem Kind einmal zeigen, wie ein Haus wirklich aussieht, und zeichnen ein quadratisc­hes Haus, ein dreieckige­s Dach, in der Mitte eine Türe, rechts und links Fenster und oben einen Rauchfang mit einer Rauchwolke. Würden wir sicher wissen, wie Häuser in Zukunft aussehen, dann wäre das ja o.k. Ich nenne das „gerichtete Bildung“und den Transfer gerichtete­n Wissens in die nächste Generation.

Gene sind nur Bleistift und Papier, aber die Geschichte schreibt jeder selbst. Der Homo sapiens, den es seit mindestens 300.000 Jahren gibt, ist nicht nur das vernunftbe­gabteste und sozialste Wesen auf diesem Planeten, sondern wie ich finde auch das lösungsbeg­abteste. Es müsste uns also tagtäglich begegnen, aber wenn man über Klimakrise, Migrations­themen, Populismus, Rassismus bis hin zur Pandemie nachdenkt, stellt man sich nicht selten die Frage: Wo sind Vernunft, soziale Veranlagun­g oder Lösungsbeg­abung?

Optimisten, die sagen, das wird sich schon ausgehen, ist es noch immer und „die“werden das schon machen. Mit „die“sind auf jeden Fall die anderen gemeint. Politik oder Wirtschaft, aber mit „die“ist auch gerne die Wissenscha­ft gemeint. Die zweite Gruppe sind die eingefleis­chten Pessimiste­n, die sagen: „Das geht sich sowieso nicht aus.“Auch sie stecken in der Mitmach-krise. Ihre Begründung lautet oft: Der Mensch ist im Grunde schlecht. Der Mensch ist aber weder im Grunde gut noch schlecht.

Der Mensch ist das Produkt seiner Gene plus der Umwelt plus Epigenetik, die eine soziobiolo­gische Brücke ist und steuert, wie wir unsere Gene verwenden. Wir haben ganz viel selbst in der Hand. Das ist einerseits

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Lässt sich Lösungsbeg­abung auch entwickeln, wenn man bereits 50 ist und glaubt, man weiß schon viel übers Leben?

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