Diplomat durch und durch
Der Außenminister wird nun durch das Virus ausgebremst.
Alexander Schallenberg gehört zu jener Gattung Außenminister, der der Titel Chefdiplomat seines Landes nicht nur der Aufgabe wegen verliehen wurde. Der Sohn des ehemaligen Generalsekretärs des Außenministeriums Wolfgang Schallenberg ist früh in dessen Fußstapfen getreten. Geprägt vom Leben als Botschafterkind in Indien, Spanien und Frankreich absolvierte der Jurist die Aufnahme für den auswärtigen Dienst der Republik als 28-Jähriger. Schon drei Jahre später übernahm der in Bern geborene Spross eines alten oberösterreichischen Adelsgeschlechts die Rechtsabteilung der ständigen Vertretung bei der EU in Brüssel. Damit nahm er auch eine zentrale Rolle im Beitrittsprozess ein. Das dort erworbene Wissen machte ihn für Außenministerin Ursula Plassnik nicht nur zum sachkundigen Pressesprecher, sondern auch zum versierten Ratgeber in europäischen Themen. Kaum eine außenpolitische Frage, die Schallenberg nicht fundiert und mit feinem Humor beantworten konnte. Auch Plassniks
Nachfolger Michael Spindelegger und Sebastian Kurz bauten auf Schallenbergs Expertise. Letztgenannter machten ihn erst am Minoritenplatz und später im Kanzleramt zur Denkfabrik seines Amtes. Doch erst die Berufung einer Expertenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein machte aus dem heimlichen Außenminister einen offiziellen. Kurz berief seinen Intimus ebenfalls zum Chefdiplomaten – als einziger Vertreter der Expertenregierung und auf einem Ticket der ÖVP, obwohl Schallenberg keinerlei Parteibuch besitzt.
Seit Monaten ist der Außenminister nun schon im Krisenmodus: Corona-reisewarnungen, Weißrussland, Bergkarabach, Russland, Iran und der Konflikt der Grichen und Zyprioten mit der Türkei. Dort wollte Schallenberg vermitteln. Seine erste Reise scheiterte, weil ein Kabinettsmitglied mit Corona infiziert war, nun – vor dem zweiten Versuch – infizierte er sich selbst, vermutlich beim EU-RAT der Außenminister in Luxemburg.