„ Ich hatte Angst um ihn“
Am 18. Jänner fuhr Florian M. ( 20) mit einer Hacke im Rucksack zum Wohnhaus seines Vaters in Wölbling ( NÖ), sprach mit ihm ein paar belanglose Worte, zog seine Waffe hervor und schlug damit mehrmals auf den 53- Jährigen ein. Ein Engel hätte ihm sein grauenhaftes Handeln befohlen, behauptet der Täter. Mittlerweile steht laut eines gerichtspsychiatrischen Gutachtens fest: Der junge Mann leidet an paranoider Schizophrenie. Er kann damit rechtlich für sein Verbrechen nicht verantwortlich gemacht werden. Nun spricht seine verzweifelte Mutter in der „ Krone“. Über ihren „ lieben Buben“, der irgendwann „ nur noch verrückt“war.
Frau M., wie werden Sie damit fertig, dass Ihr Sohn eine schrecklicheTat begangen hat?
Die Tragödie verfolgt mich Tag und Nacht. Und ständig quält mich der Gedanke, ob ich sie irgendwie hätte verhindern können. Ob ich etwas versäumt habe. Inwiefern?
In den Monaten vor dem Drama war mein Sohn plötzlich so anders, sein Wesen hatte sich völlig verändert. Er sprach oft vom Teufel, der in den Leitungen und Wänden unserer Wohnung auf ihn lauere. Er konvertierte zum Islam und betete mehrmals täglich. Er entwarf absurde Gesetze, an die
er sich penibel hielt. Etwa, genau zwanzig Minuten zu duschen. Überlegten Sie nie, ihn zu einem Psychiater zu bringen?
Doch. Ich hatte schon einen Brief an eine Amtsärztin verfasst, mit der Bitte, Florian zu untersuchen und ihn nötigenfalls in eine Klinik einzuweisen. Aber er fing das Schreiben ab. Und danach?
Traute ich mich nichts mehr zu unternehmen. Weil ich Angst hatte. Davor, dass mein Sohn einen Wutanfall bekommen oder sich umbringen könnte.
Für wirklich gefährlich hielten Sie ihn demnach nicht?
Nein. Weil ich in ihm ja - trotz allem - noch immer meinen lieben, braven Buben sah. Der er so lange gewesen ist. Erzählen Sie über seine Lebensgeschichte.
Er war fast noch ein Baby, als sein Vater und ich uns scheiden ließen. Er hatte in der Folge nur wenig Kontakt zu meinem Ex- Mann. Umso enger standen Florian und
ich einander. Und nie hatte ich mit ihm Probleme: Stets war er brav, er lernte fleißig in der Schule und später in seiner Lehre als Elektriker.
Ihr Sohn ist nun in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht. Besuchen Sie ihn dort? Natürlich. So oft ich darf. Wie verhält er sich bei diesen Visiten?
Er wirkt meistens sehr verwirrt, erzählt von einem Engel, der ihn beschütze und mit dem er viel rede. Ihre Gefühle dabei?
Es ist fürchterlich für mich, ihn in solch einem entsetzlichen Zustand zu sehen. Meine große Hoffnung ist, dass er durch eine medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung irgendwann wieder zu dem Menschen wird, der er eigentlich ist. Doch auch vor diesem Moment fürchte ich mich: Denn dann würde ihm ja die Grauenhaftigkeit seines Handelns bewusst. Und ich glaube nicht, dass er mit dem Wissen, seinen Vater getötet zu haben, leben könnte.