Im Sog der Politik
Das Image der Politiker ist generell nicht gerade berauschend. Dennoch arbeiten manche Abgeordnete schon seit einer gefühlten Ewigkeit im Hohen Haus. Welche Erfahrungen bewegen sie? Ist Politiker ihr Traumjob?
Den Langzeitrekord im Nationalrat hält Jakob Auer ( ÖVP), knapp vor Josef Cap ( SPÖ). Auer wurde vor 34 Jahren angelobt, ein paar Sekunden vor Cap, denn A kommt vor C, schmunzelt Auer. 119 Minister hat er über- und erlebt. Wie geht es ihm dabei?
Die Politik bereite ihm nach wie vor Spaß und Freude! Ungeachtet des schwachen Image der Branche. Wo liegt die Faszination? „ In der Möglichkeit zu gestalten. Aber das wirklich Faszinierende ist die Chance, viele Leute kennenzulernen!“Unterschätzt werde der enorme Zeitbedarf.
Bürger wenden sich auch am Sonntag an ihren Mandatar, noch dazu wenn dieser Bauernbund- Präsident ist. „ Der erste Besucher weckt mich daheim in Oberösterreich um halb fünf Uhr Früh auf, der nächste kommt unangemeldet zum Mittagessen. Mich stört das nicht. Aber mein jüngster Sohn hat ein- mal beklagt: , Papa, für alle hast du Zeit, nur für uns Kinder nicht.‘ – Das schmerzt wirklich!“Würde der Langzeitmandatar mit heutiger Erfahrung wieder den Politikerjob wählen? Wie aus der Pistole geschossen kommt ein begeistertes „ Ja, sofort!“.
Der als „ Aufdecker“bekannte Peter Pilz ( Grüne) werkt schon 23 Jahre als Nationalrat. Ein Traumjob? „ Für mich glücklicherweise schon! Mich freut es immer mehr, weil ich das Gefühl habe, dass ich auch immer mehr zusammenbringe und mitwirken kann, dass wir ein besseres Parlament gestalten.“Und Pilz gerät ins Schwärmen. „ Schön ist vor allem die Anerkennung der Leute auf der Straße.“
Hat er jemals alles hinschmeißen wollen? „ Na klar“, verrät er. „ Manchmal glaubt man, es geht nicht weiter. Aber am nächsten Tag beim Frühstück mit meiner Frau denke ich mir: Es geht doch. Zumindest probieren muss man es!“
„ Nicht wehleidig sein“
Barbara Rosenkranz ( FPÖ) schildert ihre Erfahrungen als ehemalige Präsidentschaftskandidatin und rund 19 Jahre als Abgeordnete in Landtag und Nationalrat so: „ Ich musste mich auf die Politik als sehr männliches Geschäft einstellen.“Ihre Strategie: „ Nimm es sportlich! Nicht wehleidig sein!“Ist Politikerin ihr Traumberuf? „ Es hat sich so ergeben. Gut so! Das Interesse an Politik verliert man nie, weil Politik uns alle angeht!“
In der SPÖ gilt der langjährige Gewerkschafter Otto Pendl stets als Mann für wichtige Aufgaben. Jetzt leitet er die Fraktion im neuen U- Ausschuss. Ist Politiker sein Traumberuf? „ Ein wichtiger Beruf!“Pendl pflegt gute Kontakte zu Kollegen in allen Parteien. Sein Motto: „ Reden wir miteinander. Schauen wir, was wir gemeinsam zusammenbringen!“
Apropos reden: Pendl ist wohl der einzige Mandatar, der gern im Dialekt seine Reden hält. Bewusst, sagt er. „ Ich könnte es auch anders.“Warum niederösterreichischer Dialekt im Hohen Haus? „ Weil der Dialekt Teil unserer Kultur ist und viele Menschen sagen: , Hern s’, Ihna verstehn ma wenigstens. Tan S’ Ihna jo net ändern!‘“Ein Wunsch, den Pendl gern erfüllt.
In 19 Jahren im Parlament hätte er seinen Job nie hingeschmissen. „ Mir macht die Politik Freud wie am ersten Tag!“Image hin oder her dem Sog der Politik entgeht man offenbar nicht so leicht.