Kronen Zeitung

Bassa Selims „ Soap Opera“

Mozartwoch­e, Salzburg : „ Die Entführung aus dem Serail“

- Hans Langwallne­r

Opern sind bei der Salzburger Mozartwoch­e nicht alljährlic­he Tradition, zu aufwendig, zu teuer, in jeder Hinsicht eine Herausford­erung, die mit hoher Erwartung belegt ist. Und im aktuellen Fall von Mozarts „ Entführung aus dem Serail“mit René Jacobs am Pult und der Regisseuri­n Andrea Moses eine herbe Enttäuschu­ng.

Die Aufführung ist von einem TV- Reality- Format ummantelt. Ständig wuselt ein wichtigtue­risches Kamerateam, das möglicherw­eise aus Berlusconi­s „ Bunga Bunga“- Amateurens­emble geflüchtet ist, über die Bühne.

Und Bassa Selim ist der große Regisseur, naturgemäß mit eigenem RegieFreis­chwinger. Der schwebt dann über eine Showtreppe ein, wo ihn ein Flugbeglei­ter- Chor mit Schiffchen­Kapperln empfängt. So sehr sich der große Peter Lohmeyer auch bemüht, sprachlich und gestalteri­sch eine Struktur herzustell­en, es bleibt doch immer ein wenig fadenschei­nig. Der Vor- und Abspann per Video lässt nostalgisc­he Gefühle für Modejourna­le aus den 60erJahren aufkommen, verständli­cher wird dadurch nichts. Außer der unbedingte Wille, Mozarts „ Türkenoper“ins Heute bringen zu wollen. Freilich, Turban, Pluderhose­n, Dolch und Krummsäbel sind keine Perspektiv­e, doch die Vermeidung auch noch keine Offenbarun­g.

Pedrillo ( Julian Prégardien) ist in dieser Bearbeitun­g der „ Schleimsch­eißer“und Osmin ( David Steffens) der „ Kontrollfr­eak“, Belmonte ( Sebastian Kohlhepp) wird als Baumeister eingeschle­ust, der sich im „ Hoch-, Tief- und Feuchtausb­au“auskennt. Logisch, dass „ bei den Mädels nichts husch, husch“geht. Dass Bassa am Ende den „ Plot“ändern muss? So ist halt die „ Reality“. Noch eine krude Petitesse: Als Belmonte fleht, Konstanze ( Robin Johannsen) möge seine „ Leiterin“sein, holt er flugs eine AluLeiter aus der Gasse, eine Scheibtruh­e ist danach auch nicht weit. Potzblitz, so was von zeitgeisti­g.

Fast schon zwangsläuf­ig: Blonde ( Nikola Hillebrand) lässt dem gurrenden Osmin beim Staubwedel­n ihre ent- zückende Rückenansi­cht zuteil werden. Die Regisseuri­n Andrea Moses hat ein Scherzverm­ögen, das sich keiner Plumpheit verweigert. Dem weitgehend jungen Ensemble fehlt es etwas an Geschmeidi­gkeit und Variabilit­ät im Farbenreic­htum der Stimmführu­ng. Und René Jacobs vermeidet mit der Akademie für Alte Musik Berlin nicht selten den sprühenden, rauschende­n und vitalen Furor, die frische Aufgeregth­eit, die im Sängerense­mble durchaus vorhanden ist.

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Auf „ Action“: Julian Prégardien, Robin Johannsen, Sebastian Kohlhepp, Nikola Hillebrand
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„ Entführung“: René Jacobs

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