Der Bundesrat hat wieder Saison
Ausgerechnet die Länderkammer kann zur spannenden Polit- Bühne werden: Dort braucht die Regierung für große Reformen die SPÖ!
Totgesagte leben länger. Ein Spruch, der speziell auf den Bundesrat zutrifft. Was haben wir nicht schon alles an Vorschlägen gehört: Die einen wollen den Bundesrat verkleinern, andere ihn aufwerten, die dritten ganz abschaffen! Doch die alte Struktur erweist sich als zäh. Seit Jahren werden angesagte Änderungen wieder abgesagt. Was kommt nun auf uns zu? Die neue Machtverteilung im Parlament beschert der Länderkammer neuen Aufwind. Was ist gemeint?
Die türkis- blaue Regierung will große Reformen schaffen: Staats- und Verwaltungsreform. Entflechtung des Kompetenzdschungels von Bund und Ländern, schlankere Strukturen etwa im Bereich von Gesundheit, Bildung und den Förderungen. Für Änderungen der Verfassung brauchen ÖVP und FPÖ die Unterstützung anderer Parteien. Im Nationalrat könnten das die NEOS sein.
Brisant die Lage im Bundesrat. Dort gibt es keine NEOS. Weil viele der jetzt angepeilten Reformen die Interessen der Bundesländer betreffen, brauchen die Regierungsparteien die Zustimmung von zwei Dritteln der Mandatare. Wie kann das funktionieren? Das ist faktisch nur mit der SPÖ machbar. Salopp gesagt: Ohne den früheren Partner SPÖ kann Kanzler Kurz keine großen Umwälzungen zwischen Bund und Ländern durchsetzen!
Bleibt die Frage, ob die SPÖ im Bundesrat nun ver- stärkt ihre Muskeln spielen lässt. Wie will man mit den neuen Stärkeverhältnissen umgehen? „ Wir werden sie nutzen, wenn uns eine Sperrminorität notwendig erscheint. Aber wir nutzen sie nicht aus Jux und Tollerei,“so der langjährige Chef der SPÖ- Bundesratsfraktion Reinhard Todt. Er ist derzeit Präsident des Bundesrats und hofft vor allem auf steigendes Interesse der Öffentlichkeit.
Ist die Abschaffung jetzt vom Tisch?
Auch wenn der Bundesrat, die zweite Kammer des Parlaments, etwas aus dem Schattendasein heraustreten kann, eine Reform steht wohl weiter im Raum. Ob Kompetenzen dazukommen, ob einige Köpfe eingespart werden, vieles ist möglich. Alle 61 Mandatare dürfen sich wohl nicht in Sicherheit wiegen. Einige Sitze könnten, so eine frühere Idee, an Landtagsabgeordnete gehen. Man würde so einige Bundesratsbezüge ( monatlich 4378 Euro) einsparen. Das würde zwar nicht den Staatshaushalt sanieren, aber Reformwillen zeigen. Es gab auch immer wieder die Forderung, den Bundesrat abzuschaffen! Ein gänzliches Aus für den Bundesrat? Da ortet der Experte durch die neue politische Konstellation eine neue Entwicklung: Der Präsident des Institutes für Parlamentarismus Werner Zögernitz geht davon aus, „ dass die Abschaffung des Bundesrats nicht mehr zur Diskussion steht!“Seine Begründung: „ Eine Abschaffung könnte als Schwächung der Opposition bei der demokratischen Kontrolle gewertet werden. Daher wird dieses heiße Eisen so schnell niemand angreifen!“Totgesagte leben eben länger.