Lieber Sebastian Kurz,
verehrter Herr Bundeskanzler: Nichts ist so passé wie der Opernball zwei Nächte danach, aber . . .
. . . aber eins Muss ich einfach noch loswerden. Und das betrifft Ihre „ Einladungspolitik“, mit der Sie Ihre linkslinken Kritiker buchstäblich zum verdatterten Schweigen brachten.
Ich rede von Ihren Logengästen, dem bekennenden schwulen irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar samt seinem Lebensgefährten, der farbigen Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie und einem am Down- Syndrom leidenden Debütantenpärchen.
Und wenn jetzt auch, gottlob, nichts so passé ist wie Ihr Vorgänger Christian Kern, stelle ich mir nun vor, jener wäre in dieser Opernballnacht an Ihrer Stelle gewesen. Als Kanzler.
Stelle mir die begeisterten Kolumnen, Elogen und Ergebenheitsadressen in einem gewissen lachsrosa Journal vor.
Stelle mir den vor Euphorie transpirierenden Hans Rauscher vom „ Standard“vor, wie der da, stilistisch über sich hinauswachsend, den „ europäischsten und humanistischsten Kanzler aller österreichischen Zeiten“in den zeitgeistigen Himmel hebt.
Hans Rauscher indes schweigt diesbezüglich wie ein begossener Pudel.
Ich aber nicht. Und wenn ich Sie auch nicht in den zeitgeistigen Himmel hebe, so meine ich doch: Sie haben alles richtig gemacht. Und genau das ist der Grund für das linkslinke Schweigen.
Möge es noch lange anhalten. Herzlich, Ihr