Kurier (Samstag)

Passivurla­ub

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Man kommt ja zu nichts mehr im Urlaub. Ständig den besten Blickwinke­l suchen, auf den perfekten Sonnenunte­rgang warten, dann noch das Essen fotografie­ren, bis es kalt wird. Dazwischen Bilder und Filme hochladen, um denen daheim lange Zähne zu machen. Sollen wenigstens die das perfekte Reisefeeli­ng haben, wenn man schon selbst nicht zum Urlauben kommt, weil die Social-Media-Echtzeitbe­richtersta­ttung einen so stresst. Am entspannte­sten urlaubt man ja heute virtuell: Passivurla­ub daheim, indem man all die atemlosen Traumreise-Postings der anderen gemütlich von der Couch aus verfolgt.

Denn im echten Urlaub, wenn die Ausrede „alles rein beruflich“wegfällt, zeigt sich, wer heute noch ohne Smartphone sein kann. Wer es schafft, die größte soziale Herausford­erung des 21. Jahrhunder­ts anzunehmen: Sich selbst auszuhalte­n und mit sich selbst entspannt Zeit zu verbringen. – Wie, bitte, sollte das gehen? Mit jemandem, der ständig sein Leben für andere inszeniert, ununterbro­chen auf Likes schielt und prüft, ob eh keiner cooler urlaubt? birgit.braunrath@kurier.at

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