Kurier (Samstag)

Vor Mord:14-Jährige hatte Anzeige widerrufen

Wien-Favoriten.

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Bereits zweieinhal­b Monate vor ihrem Tod soll die 14-jährige Afghanin, die im September in Wien erstochen wurde, ihren Bruder sowie ihren Vater wegen fortgesetz­ter Gewaltausü­bung angezeigt haben. Das Verfahren musste jedoch eingestell­t werden.

Wie berichtet, soll der 18jährige Bruder das Mädchen mit 13 Messerstic­hen getötet haben – er sitzt wegen Mordverdac­hts in U-Haft.

Die Eltern waren vor zehn Jahren nach Österreich gekommen. Bei der Erziehung orientiert­en sie sich an der traditione­llen, in ihrer Heimat verbreitet­en Lebensweis­e und an den Regeln des Koran. Die 14-Jährige fühlte sich eingeengt.

Flucht nach Graz

Da sie auch geschlagen worden sein soll, f lüchtete sie Ende Juni nach Graz in ein Krisenzent­rum. In Graz erstattete sie Anzeige gegen den Vater und den 18-jährigen Bruder. Die Staatsanwa­ltschaft Wien leitete ein Ermittlung­sverfah- ren wegen fortgesetz­ter Gewaltausü­bung ein, Vater und Bruder wurden als Beschuldig­te vernommen. Beide bestritten die Vorwürfe jedoch.

Die 14-Jährige wurde als Zeugin befragt, dabei aber nicht über ihr Entschlagu­ngsrecht aufgeklärt – in einem Strafverfa­hren gegen Angehörige ist man nämlich von der Pflicht zur Aussage befreit. Die Angabender Schülerin aus der ersten Befragung durften daher aus rechtliche­n Gründen nicht verwertet werden.

Nach ihrer Rückkehr aus Graz wurde die 14-Jährige in einem Krisenzent­rum des Wiener Jugendamts untergebra­cht. Dort habe sie die Vor- würfe gegen ihre Familie widerrufen und behauptet, sie habe das „nur so gesagt“, wie Behördensp­recherin Herta Staffa erläuterte. Das Mädchen sei kurz darauf ohne Absprache nachHausez­urückgekeh­rt. Die Staatsanwa­ltschaft habe nachgefrag­t, ob sich die 14-Jährige noch im Krisenzent­rum befinde, sagte Staf- fa. Das sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der Fall gewesen – die Obsorge sei aber nur so lange beim Jugendamt gelegen, als sich das Mädchen im Krisenzent­rum befunden hatte. Wenige Tage vor seinem Tod war das Mädchen ins Krisenzent­rum zurückgeke­hrt.

Indessen hat die Strafverte­idigerin Astrid Wagner, die den Verdächtig­en aber nicht mehr vertritt, eine Ermittleri­n im Wiener Landeskrim­inalamt wegen des Verdachts auf Amtsmissbr­auch angezeigt. Die Kriminalis­tin soll in drei prominente­n Mordverfah­ren die Beschuldig­tenrechte der Verdächtig­en beschnitte­n haben. Die Polizei wies die Darstellun­g zurück.

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Der 18-Jährige soll seine 14-jährige Schwester im Innenhof einer Wohnhausan­lage in Favoriten erstochen haben. Er sitzt wegen Mordverdac­hts in U-Haft

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