Kurier

Plötzlich auf der anderen Seite des Baches

Nachruf. „Sein“deutscher Verlag erinnert an den Schweden mit einem Gedicht, einem Roman und dem Abschiedsg­esang

- VON sik, Red.) ausklingen­de Mu-

Der Hanser Verlag verabschie­det sich von „seinem“Autor Lars Gustafsson, indem an ein Gedicht des Schweden erinnert wird, der am Wochenende kurz vor seinem 80. Geburtstag in Stockholm gestorben ist.

Es heißt „Das Mädchen“, (Verena Reichel hat es übersetzt): Eines Tages steht das Leben sanft lächelnd wie ein Mädchen plötzlich auf der anderen Seite des Baches und fragt (auf seine spöttische Art)

Aber wie bist du da gelandet?

Lars Gustafsson – Dichter, Philosoph, Schriftste­ller – hatte innerhalb von fünf Jahrzehnte­n ein Schweden bekannt gemacht, das man sich auf dem Fahrrad anschauen kann – die flache Provinz Västmanlan­d mit den Seen, dem traurigen Alkoholike­r Onkel Knutte (aus dem Roman „Wollsachen“) und den erschrecke­nd großen Kiefern, „die aufragten wie dunkle Kirchen“.

Seine Literatur wurde immer einfacher, immer leichter. Tage vor seinem Tod erschien „Doktor Wassers Rezept“(18,40 Euro) über einen Mann, der sich selbst immer neu erfunden hat ... was ja auch mithilfe von Frauen funktionie­ren kann. Er hat sich aber zusätzlich noch die Identität eines mit dem Motorrad verunglück­ten Arztes angeeignet – und wurde ein Schlaffors­cher, dann Klinikchef sogar.

Auf Seite 136 findet sich der Dialog, der ein Lebensreze­pt verrät:

- Aber was ist denn falsch daran, ein gewöhnlich­es Leben zu leben?

- Ein gewöhnlich­es Leben zu leben ist die tristeste Form von Selbstmord.

Jo Lendle, Hanser-Geschäftsf­üher, erzählt von der letzten Begegnung mit Lars Gustafsson im vergangene­n Herbst bei der Verleihung des Thomas-Mann-Preises in München:

„In seinem unnachahml­ichen Deutsch sagte er, sein Leben sei im Begriff, eine starke Coda (

zu bilden. Wie in einer Sinfonie von Beethoven, die am Ende so laut und gewaltig werde. Und dann sang er quer durchs Restaurant eine solche Coda und alle sahen auf und freuten sich über diesen strahlende­n Menschen. Es ist nicht leicht, das Schweigen nach der Coda zu ertragen.“

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