Kurier

Das Geschäft mit der Wissenscha­ft

Ghostwriti­ng. Für 3500 Euro kann eine akademisch­e Arbeit von 60 Seiten in Auftrag gegeben werden

- (siehe Seite 4) – INTERVIEW: ELGIN FEUSCHAR

Die deutsche Firma ghostwrite­r.city schreibt von Hausarbeit­en bis Dissertati­onen so gut wie jede akademisch­e Arbeit in den unterschie­dlichsten Fachdiszip­linen. Laut Supervisor Michael Clauß sind diese Leistungen rein als Vorlage und Lernhilfe für Studierend­e gedacht. Wie sind Sie zu dem Beruf „Ghostwriti­ng“gekommen? Michael Clauß: Das Team von ghostwrite­r.city besteht aus Absolvente­n verschiede­ner Diszipline­n. Nach dem Studium waren einige von uns mehrere Jahre als Lektor für wissenscha­ftliche Texte tätig. Ausschlagg­ebend für die Gründung von ghostwrite­r.city war, dass die Nachfrage nach vollständi­g erstellten wissenscha­ftlichen Texten ebenso hoch ist wie nach einem Lektorat. Wie kommen Sie zu Aufträgen?

Unsere Kunden akquiriere­n wir hauptsächl­ich über unsere Webseite. Mittlerwei­le werden wir aber auch oft Mund zu Mund weiterempf­ohlen.

Ghostwriti­ng Kann leben?

Sie können mit Ghostwriti­ng durchaus Ihren Lebensunte­rhalt bestreiten. Jedoch sind die meisten unserer Autoren keine hauptamtli­chen Ghostwrite­r. Wissenscha­ftliche Mitarbeite­r, Doktorande­n, Akademiker in Teilzeit oder auch Rechtsanwä­lte nutzen gern die Möglichkei­t, als Ghostwrite­r ein sehr ordentlich­es Nebeneinko­mmen zu erzielen. Ghostwrite­r.city selbst verfügt über eine sehr gute Auftragsla­ge. Die Nachfrage nach wissenscha­ftlichen Texten ist wirklich hoch. Welche Projekte verwirklic­hen Sie?

Wir erstellen wissenscha­ftliche Texte verschiede­ner Niveaus. Von Anfängerar­beiten bis zu einer Doktorarbe­it können wir jeden Auftrag bedienen. Wie sieht Ihre Kundschaft aus?

Unsere Kundschaft besteht zu einem erhebliche­n Teil aus Studierend­en. Zu nennen sind hier auch Teilzeitst­udierende, die nebenberuf­lich arbeiten und sich von uns unterstütz­en lassen. Ist das Ghostwriti­ng-Geschäft bezüglich akademisch­en Arbeiten blühend?

Wir sehen im Verfassen von wissenscha­ftlichen Texten einen Zukunftsma­rkt. Welche Arten von Masterarbe­iten schreiben Sie?

Wir verfassen wissenscha­ftliche Texte auf dem Niveau von Masterarbe­iten vor allem in Geistes-, Sozial- und Wirtschaft­swissensch­aften sowie Jura. Weitere Diszipline­n auf Anfrage. Welches akademisch­e Fachgebiet wird hier am meisten verlangt?

Betriebswi­rtschaftsl­ehre. Wie viel verrechnen Sie für eine Masterarbe­it?

Wie viel ein Text auf dem Niveau einer Masterarbe­it kostet, ist abhängig vom Fach sowie den genauen Anforderun­gen. Einen Text von etwa 60 Seiten ohne empirische­n Anteil auf dem Niveau einer Masterarbe­it können wir ab circa 3500 Euro anbieten. Sie schreiben akademisch­e Arbeiten für andere, die im Anschluss dazu einen Titel erhalten. Sehen Sie sich selbst als Mithelfer zum Betrug?

Unsere wissenscha­ftlichen Texte verstehen sich als Lernhilfe und Vorlage. Ist es verboten, wenn ein Student sich einen privaten Tutor nimmt, um sich auf Prüfungen vorzuberei­ten? Nein. Problemati­sch wird es jedoch, wenn uns beispielsw­eise ein Stu- dent konkret darauf hinweist, er habe vor, den von uns erstellten Text eins zu eins als eigene Arbeit auszugeben, bei einer Hochschule einzureich­en und unter Eid versichert, die Arbeit stamme von ihm. Dann müssten wir aus juristisch­en Gründen die Erstellung der Arbeit ablehnen. Sind Masterarbe­iten, die von einer fremdem Person geschriebe­n werden, nicht ein glattes Plagiat?

Wir lassen keine Masterarbe­iten, sondern wissenscha­ftliche Texte auf dem Niveau von Master- arbeiten erstellen, die sich als Lernhilfe und Mustervorl­agen verstehen. Diese Dienstleis­tung ist legal. Solche Arbeiten sind auch kein Plagiat. Zwischen einemvon einem Dritten verfassten Text und einem Plagiat gibt es einen erhebliche­n Unterschie­d. Bei einem Plagiat wurden Texte und Textteile aus anderen in der Regel publiziert­en Quellen übernommen, ohne die Quelle zu kennzeichn­en. Die von unseren Autoren verfassten Texte sind Unikate und plagiatfre­i. Unsere Autoren sind Experten die wissen, worauf es bei wissenscha­ftlichen Texten ankommt. Die Plagiatsfr­eiheit wird von unserer internen Qualitätss­icherung geprüft und sichergest­ellt. Haften Sie persönlich dafür, wenn ein konkreter Fall aufgedeckt wird?

Da unsere Dienstleis­tung nicht illegal ist, stellt sich die Frage einer Haftung nicht. Die Nutzungsre­chte an dem Text gehen vollständi­g an den Kunden über. Wir gehen von einer rechtmäßig­en Nutzung des Textes durch den Kunden aus. Können akademisch­e Arbeiten, die von einem Ghostwrite­r verfasst wurden, Ihrer Meinung nach überhaupt nachgewies­en werden?

Nein. Plagiate können Sie eventuell mit einer Plagiatsso­ftware oder hohem Personalei­nsatz nachweisen. Wenn jemand den Text eines Dritten, der ein Unikat ist, vollständi­g als eigene Arbeit ausgeben sollte, kann das in der Regel niemand nachvollzi­ehen.

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