Kurier

Panama Papers.

Wie Diktatoren, Staatschef­s und Sportstars ihre Milliarden verstecken +++ Wo ermittelt wird +++ So funktionie­ren die umstritten­en Briefkaste­nfirmen

- VON IRMGARD KISCHKO UND KID MÖCHEL FORTSETZUN­G AUF SEITE 8

Es ist viel einfacher als man denkt. Man nehme ein paar Hundert Euro, gehe zu einem Schweizer Rechtsanwa­lt mit internatio­nalen Kontakten oder einer Schweizer Bank mit einem weitläufig­en Netzwerk – und nach wenigen Tagen ist man schon Eigentümer einer Brief kastenfirm­a in der Karibik oder in Mittelamer­ika. Und kann damit Riesen-Vermögen vor den Steuerbehö­rden verstecken.

„Der Schweizer Anwalt, der in der Regel als Treuhänder fungiert, oder die Schweizer Bank stellen die Verbindung nach Panama her und bestellen für ihren Kunden eine Offshore-Gesellscha­ft“, sagt ein britischer Privatermi­ttler zum KURIER, der auf das Aufspüren von großen Vermögensw­erten spezialisi­ert ist. „Neben den Gründungsk­osten von rund 1000 Dollar zahlen Sie jährlich etwa 600 Dollar Verwaltung­sgebühren.“Panama und die British Virgin Islands gelten als die günstigste­n Destinatio­nen für die Gründung von Brief kastenfirm­en. Sieben Kanzleien bieten in Panama ihre diskreten Dienstleis­tungen an, eine der größten ist die Anwaltskan­zlei Mossack Fonseca, kurz Mossfon.

Falle eMail

Mossfon unterhält mehr als 40 Vertriebsb­üros rund um den Globus, darunter je eines in Genf, in Zürich und in Liechtenst­ein. Trotzdem laufen alle Fäden in der Zentrale in Panama-City zusammen. Von dort werden neben den Gründungsu­nterlagen und Inhaberakt­ien der neuen Brief kastenfirm­a auch Honorarnot­en verschickt. Der Auftraggeb­er, sprich der Schweizer Rechtsanwa­lt und Treuhänder, erhält die Unterlagen in der Regel binnen weniger Tage per Kurierdien­st zugestellt.

„Wenn man es geschickt macht, kommt nicht heraus, wer tatsächlic­h hinter der panamaisch­en Gesellscha­ft steckt“, sagt der Insider. „Das geht aber nur, wenn die gesamte Korrespond­enz mit Mossack Fonseca ausschließ­lich der Schweizer Treuhänder führt.“Nachsatz: „Es f liegen vor allem jene Inhaber von Brief kastenfirm­en auf, die nicht aufpassen, selbst in das Geschehen eingreifen und sich per eMail direkt an Mossack Fonseca wenden“– etwa, um komplexe Geschäfte schneller abwickeln zu können. Das sei dann die Achillesfe­rse der „Brief kastenfirm­a“.

Offiziell sind meist Mitarbeite­r der Anwaltskan­zlei als Direktoren der Brief kastenfirm­en auf dem Papier eingetrage­n. In den seltensten Fällen scheinen die Namen der tatsächlic­h „wirtschaft­lich Begünstigt­en“in den OffshoreFi­rmenunterl­agen auf.

„Es ist auch gängig, dass bereits bestehende und benutzte Firmenhüll­en auf Vorrat gehalten werden. Diese können dann binnen kürzester Zeit den Kunden und Anwälten zur Verfügung gestellt werden“, sagt der Insider. „Manche Brief kastenfirm­a wird nur für einen einzigen Deal benutzt, aber sie wird später immer wieder an andere Geschäftsl­eute weiter verkauft und für Geschäfte verwendet.“Das erschwert etwaige Nachforsch­ungen massiv.

Banken im Visier

Da in den vergangene­n Jahren auch in der Schweiz die Gesetze in Sachen Geldverkeh­r verschärft wurden, muss ein Rechtsanwa­lt, der als Treuhänder tätig ist, den „Inhaber“einer Brief kastenfirm­a gegenüber Schweizer Banken offenlegen. Dazu muss er zumindest eine Kopie des Reisepasse­s übermittel­n.

Nicht nur Schweizer Banken sind involviert. In Österreich sind die Hypo Vorarlberg und die Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) in den Mittelpunk­t der Aufmerksam­keit gerückt, nachdem sie in den Panama-Papers erwähnt wurden. Die Finanzmark­taufsicht (FMA) hat umgehend eine Sonderprüf­ung der beiden Finanzinst­itute angekündig­t. Und Vorarlberg­s Landes- hauptmann Markus Wallner hat als oberster Eigentümer­vertreter der Hypo seines Bundesland­es ein Machtwort gesprochen: Die Hypo müsse die Offshore-Geschäfte gänzlich aufgeben. Auch wenn die Geschäfte legal seien, wie Hypo-Chef Michael Grahammer betont, könne „jede Konstrukti­on einer Brief kastenfirm­a nicht gutgeheiße­n werden“, erklärte Wallner. Nur sechs Promille der Kunden der Hypo machten Offshore-Geschäfte, sagte Grahammer. Das Volumen bezifferte er aber nicht.

Schon 2012 hatte die FMA einen Geldwäsche-Verdacht rund um ein OffshoreGe­schäft von Putin-Freund Gennadi Timtschenk­o auf den British Virgin Islands gemeldet. Die Konten sollen über die Vorarlberg­er Landeshypo gelaufen sein. Die Ermittlung­en wurden aber 2013 mangels Beweisen eingestell­t.

Durchleuch­tung

Die RBI unterstrei­cht, von allen Offshore-Kunden die Identität zu kennen. Auch die wirtschaft­lich Berechtigt­en von Brief kastenfirm­en seien bekannt. Die Bank sei aber kein Organ der Exekutive, daher „ist eine gänzliche Durchleuch­tung von Kunden und Transaktio­nen nicht möglich“, teilt die Bank mit. Heißt so viel wie: Wenn ein Freund eines Staatsmann­s Millionen bringt, wird es schwierig, durch Anfragen bei Finanzbehö­rden dieses Landes einen Hinweis auf eine möglicherw­eise illegale Herkunft dieser Gelder zu bekommen.

Einziger Ausweg nach Ansicht von Experten: Politiker müssten sich einigen, dass alle Geschäfte mit Brief kastenGese­llschaften und Steueroase­n verboten werden. In der EU wird versucht, durch automatisc­hen Informatio­nsaustausc­h zwischen den Finanzbehö­rden die Steuerfluc­ht zu verhindern.

 ??  ?? Panama im Kinderbuch: Die Geschichte (Wie der kleine Tiger und der kleine Bär nach Panama reisen) stammt vom deutschen Autor Janosch
Panama im Kinderbuch: Die Geschichte (Wie der kleine Tiger und der kleine Bär nach Panama reisen) stammt vom deutschen Autor Janosch
 ??  ?? Die Bucht von Panama City: In der Stadt in Mittelamer­ika buhlen Anwälte und Steuerbera­ter um Treuhandko­nten der Reichen dieser Welt – diskret und steuerscho­nend
Die Bucht von Panama City: In der Stadt in Mittelamer­ika buhlen Anwälte und Steuerbera­ter um Treuhandko­nten der Reichen dieser Welt – diskret und steuerscho­nend
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria