Panama Papers.
Wie Diktatoren, Staatschefs und Sportstars ihre Milliarden verstecken +++ Wo ermittelt wird +++ So funktionieren die umstrittenen Briefkastenfirmen
Es ist viel einfacher als man denkt. Man nehme ein paar Hundert Euro, gehe zu einem Schweizer Rechtsanwalt mit internationalen Kontakten oder einer Schweizer Bank mit einem weitläufigen Netzwerk – und nach wenigen Tagen ist man schon Eigentümer einer Brief kastenfirma in der Karibik oder in Mittelamerika. Und kann damit Riesen-Vermögen vor den Steuerbehörden verstecken.
„Der Schweizer Anwalt, der in der Regel als Treuhänder fungiert, oder die Schweizer Bank stellen die Verbindung nach Panama her und bestellen für ihren Kunden eine Offshore-Gesellschaft“, sagt ein britischer Privatermittler zum KURIER, der auf das Aufspüren von großen Vermögenswerten spezialisiert ist. „Neben den Gründungskosten von rund 1000 Dollar zahlen Sie jährlich etwa 600 Dollar Verwaltungsgebühren.“Panama und die British Virgin Islands gelten als die günstigsten Destinationen für die Gründung von Brief kastenfirmen. Sieben Kanzleien bieten in Panama ihre diskreten Dienstleistungen an, eine der größten ist die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, kurz Mossfon.
Falle eMail
Mossfon unterhält mehr als 40 Vertriebsbüros rund um den Globus, darunter je eines in Genf, in Zürich und in Liechtenstein. Trotzdem laufen alle Fäden in der Zentrale in Panama-City zusammen. Von dort werden neben den Gründungsunterlagen und Inhaberaktien der neuen Brief kastenfirma auch Honorarnoten verschickt. Der Auftraggeber, sprich der Schweizer Rechtsanwalt und Treuhänder, erhält die Unterlagen in der Regel binnen weniger Tage per Kurierdienst zugestellt.
„Wenn man es geschickt macht, kommt nicht heraus, wer tatsächlich hinter der panamaischen Gesellschaft steckt“, sagt der Insider. „Das geht aber nur, wenn die gesamte Korrespondenz mit Mossack Fonseca ausschließlich der Schweizer Treuhänder führt.“Nachsatz: „Es f liegen vor allem jene Inhaber von Brief kastenfirmen auf, die nicht aufpassen, selbst in das Geschehen eingreifen und sich per eMail direkt an Mossack Fonseca wenden“– etwa, um komplexe Geschäfte schneller abwickeln zu können. Das sei dann die Achillesferse der „Brief kastenfirma“.
Offiziell sind meist Mitarbeiter der Anwaltskanzlei als Direktoren der Brief kastenfirmen auf dem Papier eingetragen. In den seltensten Fällen scheinen die Namen der tatsächlich „wirtschaftlich Begünstigten“in den OffshoreFirmenunterlagen auf.
„Es ist auch gängig, dass bereits bestehende und benutzte Firmenhüllen auf Vorrat gehalten werden. Diese können dann binnen kürzester Zeit den Kunden und Anwälten zur Verfügung gestellt werden“, sagt der Insider. „Manche Brief kastenfirma wird nur für einen einzigen Deal benutzt, aber sie wird später immer wieder an andere Geschäftsleute weiter verkauft und für Geschäfte verwendet.“Das erschwert etwaige Nachforschungen massiv.
Banken im Visier
Da in den vergangenen Jahren auch in der Schweiz die Gesetze in Sachen Geldverkehr verschärft wurden, muss ein Rechtsanwalt, der als Treuhänder tätig ist, den „Inhaber“einer Brief kastenfirma gegenüber Schweizer Banken offenlegen. Dazu muss er zumindest eine Kopie des Reisepasses übermitteln.
Nicht nur Schweizer Banken sind involviert. In Österreich sind die Hypo Vorarlberg und die Raiffeisen Bank International (RBI) in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, nachdem sie in den Panama-Papers erwähnt wurden. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat umgehend eine Sonderprüfung der beiden Finanzinstitute angekündigt. Und Vorarlbergs Landes- hauptmann Markus Wallner hat als oberster Eigentümervertreter der Hypo seines Bundeslandes ein Machtwort gesprochen: Die Hypo müsse die Offshore-Geschäfte gänzlich aufgeben. Auch wenn die Geschäfte legal seien, wie Hypo-Chef Michael Grahammer betont, könne „jede Konstruktion einer Brief kastenfirma nicht gutgeheißen werden“, erklärte Wallner. Nur sechs Promille der Kunden der Hypo machten Offshore-Geschäfte, sagte Grahammer. Das Volumen bezifferte er aber nicht.
Schon 2012 hatte die FMA einen Geldwäsche-Verdacht rund um ein OffshoreGeschäft von Putin-Freund Gennadi Timtschenko auf den British Virgin Islands gemeldet. Die Konten sollen über die Vorarlberger Landeshypo gelaufen sein. Die Ermittlungen wurden aber 2013 mangels Beweisen eingestellt.
Durchleuchtung
Die RBI unterstreicht, von allen Offshore-Kunden die Identität zu kennen. Auch die wirtschaftlich Berechtigten von Brief kastenfirmen seien bekannt. Die Bank sei aber kein Organ der Exekutive, daher „ist eine gänzliche Durchleuchtung von Kunden und Transaktionen nicht möglich“, teilt die Bank mit. Heißt so viel wie: Wenn ein Freund eines Staatsmanns Millionen bringt, wird es schwierig, durch Anfragen bei Finanzbehörden dieses Landes einen Hinweis auf eine möglicherweise illegale Herkunft dieser Gelder zu bekommen.
Einziger Ausweg nach Ansicht von Experten: Politiker müssten sich einigen, dass alle Geschäfte mit Brief kastenGesellschaften und Steueroasen verboten werden. In der EU wird versucht, durch automatischen Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden die Steuerflucht zu verhindern.