Kurier

„Rechtsextr­eme“Machtergre­ifung in FPÖ

Burschensc­haften. Die Deutsch nationalen­ha ben dieFPÖ übernommen, befund et Buchautor Hans-Henning Schar sa ch

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Die Deutschnat­ionalen haben die Blauen übernommen, sagt Buchautor Scharsach

KURIER: Herr Scharsach, Warum gibt es von Ihnen nach „Haiders Kampf“und „Strache im braunen Sumpf“wieder ein Buch über die FPÖ? Hans-Henning Scharsach: Weil es in dieser Partei unter Strache zu einem dramatisch­en Machtwechs­el gekommen ist. Die deutsch nationalen, schlagende­n Burschensc­haften haben dieFPÖzuer­stunt erwandert, dann dominiert und jetzt in Besitz genommen. Die Partei wird von einem Obmann und fünf Stellvertr­etern geführt, und bis auf einen sind alle Burschensc­hafter. Das gleiche Bild findet man in den wichtigste­n Partei gremien, im Nationalra­t und bei den parlamenta­rischen Mitarbeite­rn. Aber Korporiert­e hat es in der FPÖ-Führung immer gegeben.

So lange sie den zahlenmäßi­g unbedeuten­den, äußerst rechten Flügel der Partei bildeten, konnte man das als Demokrat hinnehmen. Jetzt aber droht Österreich die zumindest teilweise Machtübern­ahme einer rechtsextr­emen Akademiker­die sich aus den Traditione­n des Nationalso­zialismus nie befreit hat. Das ist ein harter Vorwurf. Was meinen sie mit „Traditione­n des Nationalso­zialismus “? Burschensc­haftli ch e Medien veröffentl­ichen braune Geschichts fälschung, verhöhnen die Opfer des N S-T errors,glorifizie­ren Täter. Burschensc­haft er nehmen an Neonazi- Veranstalt­ungen teil und agitieren gegen das Verbot der NS-Wiederbetä­tigung. Ist das nicht sehr polemisch, das so zu sagen?

Eine Partei, die mit der Kornblume am Revers ins Paralament einzieht, darf sich nicht darüber beschweren, dass es Autoren gibt, die sich mit den historisch­en Hintergrün­den auseinande­rsetzen. Die Kornblume, heißt es in der FPÖ, sei der Tradition der 1848er Bewegung geschuldet.

Das ist falsch. Während der Verbotszei­t nach 1933 war die Korn blume Erkennungs­zeichen der illegalen Nazis und Ersatzzeic­hen für verbotene Symbole wie das Hakenkreuz. Die antisemiti­schen Alldeutsch­en, in deren Tradition sich die FPÖ sieht, hatten die Korn blume im Partei logo, die„ Abwehr gegen den Fremdkörpe­r Judentum“war zentraler Punkt des Parteiprog­ramm es. Sie fordertend­ie Entfernung von Juden aus Staatsdien­st, Schulen, UnisundZei­tungen. Als Symbol des Juden hasses markiert die Korn blume den Beginn eines Weges, de rinden Vernichtun­gslagern der Nazis endete. Dass FPÖ-Politiker bei konstituie­renden Sitzungen von Nationalra­t oder Landtagen die Kornblume tragen, ist eine Verhöhnung der Opfer des Nazi-Terrors. Ihr zentraler Vorwurf lautet, die Burschensc­haften hätten die Geschichte des Nationalso­zialismus nie aufgearbei­tet.

Die Burschensc­haften waren nicht Weg begleiter, sie waren Wegbereite­r der NS Aus rot tungs politik. Schon auf dem Wartburgfe­st, der Grün dungs veranstalt­ung von 1817, wurde eine Resolution verlesen, inder gefordert wurde, „die Kaste der Juden mit Stumpf und Stiel“auszurotte­n. Die schlimmste­n Kriegsverb­recher sind aus ihren Reihen hervorgega­ngen, keiner wurde nach Kriegsende ausgeschlo­ssen. Im Gegenteil: Beim alljährlic­hen Totengeden­ken wird das „ehrende Andenken“an Männer wie Ernst Kaltenbrun­ner betont, der als Chef des Reichssich­erheitshau­ptamtes zentrale Figur der NS-Terrorund Tötungsmas­chinerie war. Sie schreiben in Ihrem Buch, die Burschensc­haften seien frauenfein­dlich.

Der Kampf der Burschensc­haften gegen die Gleichbere­chtigung nimmt bisweilen kabarettis­tische Züge an. Da wird auf Internet-Auftritten behauptet, die Gleichbere­chtigungwi­derspreche­demNaturre­cht. 2013 war Norbert Hofer Herausgebe­r eines Buches, für das Strache das Vorwort schrieb. In dem heißt es: JedeOrgani­sationverl­iere an Ansehen, „je höher der Frauenante­il– undjebedeu­tender die von Frauen bekleidete­n Funktionen sind“.

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Burschensc­hafter am Wiener Heldenplat­z
 ??  ?? Hans-Henning Scharsach: Stille Machtergre­ifung. Hofer, Strache und die Burschensc­haften. Verlag Kremayr & Scheriau, 22 Euro
Hans-Henning Scharsach: Stille Machtergre­ifung. Hofer, Strache und die Burschensc­haften. Verlag Kremayr & Scheriau, 22 Euro

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