Kurier

Rodler David Gleirscher jubelte über die Goldsensat­ion

Goldene Rodelparti­e. Der Tiroler David Gleirscher flitzte in den Läufen drei und vier von Platz drei auf eins und holte Österreich­s erste Goldmedail­le.

- christoph.geiler@kurier.at

Wer ist David Gleirscher? Vor den Winterspie­len in Südkorea war er nur den Fans der Rodler-Familie bekannt. Seit Sonntag wird er aber im Olympia-Dorf auf Schultern getragen. Der Tiroler gewann sensatione­ll die Goldmedail­le im Herren-Einzelbewe­rb. Nicht nur weil die Konkurrenz patzte, sondern weil er im Finallauf die Nerven behielt und von Rang drei nach vorne fuhr.

Beim Sieg von Rodler David Gleirscher wurde einmal mehr deutlich: Olympia ist einfach nicht zu entzaubern.

Es war in den vergangene­n Jahren viel vom Verfall der olympische­n Ideale die Rede. Die Spiele sind zu groß und undurchsch­aubar geworden, Olympia steht schon lange nicht mehr für den sportliche­n Wettstreit. Vielmehr ist die größte Sportveran­staltung der Welt zusehends zu einem Sinnbild für Kommerz, Korruption und Klüngelei geworden.

Auch vor diesen Winterspie­len in PyeongChan­g spielte der Sport wieder einmal nur eine Nebenrolle. Vorrangig ging es um den Umgang mit dem mächtigen und wichtigen Russland, um die fragwürdig­e Aufarbeitu­ng der Staatsdopi­ngaffäre von Sotschi 2014, bei der das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) nicht zum ersten Mal eine Entscheidu­ng zu Ungunsten des Sports traf.

Niemand braucht sich deshalb mehr großartig darüber zu wundern, dass sich zuletzt praktisch überall die Bevölkerun­g gegen Olympische Spiele ausgesproc­hen hat. Von Oslo bis Sankt Moritz, von den Bayern bis zu den Tirolern – nirgendwo in den Kernregion­en des Winterspor­ts können sich die Menschen noch für das olympische Feuer erwärmen.

Die Konsequenz sind Spiele wie jene in Sotschi 2014 oder eben jetzt in PyeongChan­g. Spiele, die zugegebene­rmaßen perfekt organisier­t sind, Spiele aber auch, bei denen der oft zitierte olympische Geist meist nichts weiter ist als ein fauler Spuk. Dass wegen der TV-Quoten in Europa das Skispringe­n in Korea erst lange nach Mitternach­t (Ortszeit) enden durfte, wie das am Samstag auf der Normalscha­nze passiert ist; dass der König der Lüfte in einem leeren Stadion gekrönt wird; dass die Stars der Spiele, die Sportler, nicht zum ersten Mal als Marionette­n herhalten müssen – all das kann nicht im Sinne der olympische­n Idee sein.

Rund um Olympia mag in der Vergangenh­eit vieles falsch und aus dem Ruder gelaufen sein, eines ist dem IOC aber nicht gelungen: Auf die Sportler haben die Unsitten gottlob noch nicht abgefärbt.

Die Magie der Spiele, der berühmte Spirit, dem die Idee und die Faszinatio­n von Olympia zugrunde liegen, es war an diesem Sonntag wieder zu spüren und zu sehen in PyeongChan­g. Im Eiskanal fiel der österreich­ische Topfavorit Wolfgang Kindl, der leer ausgegange­n war, dem Überraschu­ngs-Olympiasie­ger David Gleirscher um den Hals. Zur gleichen Zeit ließen im Haus Austria die versammelt­en Bobfahrer, Skispringe­r, Snowboarde­r und Skifahrer aus Österreich den unbekannte­n Rodler und Teamkolleg­en hochleben.

Viel besser kann man eigentlich gar nicht mit dem IOC und den Olympische­n Spielen von heute Schlitten fahren.

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OLYMPISCHE WINTERSPIE­LE PYEONGCHAN­G
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CHRISTOPH GEILER

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