Kurier

Statt Trump-Tweets: Bilder eines Journalist­enhassers

MUSA. Das „satirische Werk“von Josef Mikl

- – M. HUBER

Chronische­r Missmut gegenüber Journalist­en hat noch keinen Eingang in das „Diagnostis­che und Statistisc­he Manual Psychische­r Störungen“(DSM) gefunden – da der mächtigste Mann der Welt offenbar darunter leidet, könnte man das Phänomen ja „Trumpose“nennen.

Diagnostik­er fänden aber auch in der Kunstgesch­ichte reichlich Symptome vor, die es zu studieren lohnt. Die Ausstellun­g „Josef Mikl – Das satirische Werk“im Wiener MUSA (bis 1. 4.) wäre ein Startpunkt: Sie führt in das fast obsessive Verhältnis, das der berühmte österreich­ische Maler (1929–2008) mit seinen Kritikern (ja, alles Männer) unterhielt.

Mikl gehörte mit seinen gestisch-abstrakten Bildern zur Spitze der österreich­ischen Nachkriegs­malerei. Nebenbei sah er sich aber als Satiriker in der Tradition eines William Hogarth, eines Honoré Daumier oder eines Wilhelm Busch.

Die Ausstellun­g, die Papierarbe­iten und Zeitdokume­nte auf aufschluss­reiche Art kombiniert, zeigt die Skepsis, die der Künstler dem Journalism­us und der tagesaktue­llen Karikatur entgegenbr­achte: Deren Stil werde „vom Anlass aufgesogen und vernichtet“, während die Wahrheit des Satirikers „eine höhere“sei.

Gezeichnet­er Grant

So gesehen hätten Mikl die Rezensione­n, die in den 1960er-Jahren in der Tagespress­e erschienen, egal sein können. Waren sie aber nicht. Der Künstler sammelte Zeitungsau­sschnitte, kopierte sie, zeichnete darauf – und stellte sie 1964 mit einer Serie von Aquarellen aus: Kritikerpä­pste der Zeit, darunter Johann Muschik (KURIER) oder Kristian Sotriffer (Die Presse) erschienen da als verzerrte Tierwesen dargestell­t. Schon zuvor hatte Mikl die „Journalist­enfresseri­n Hawranek“erfunden, die zum Kristallis­ationspunk­t seines Grants wurde: Eigene Ausstellun­gen und Künstlerbü­cher waren der Figur gewidmet. Für Mikl war es ein Weg, das Satirische und Politische von der „reinen“Malerei fernzuhalt­en.

Im eigenen Saft

Dem Spätgebore­nen erscheint all das reichlich eitel – und doch ist es aufschluss­reich für ein Verständni­s der Szene von einst.

Ebenso wenig, wie man sich als Kritiker heute anmaßen würde, alleinige Urteilsund Vermittlun­gsinstanz eines künstleris­chen Werks zu sein, so sehr scheint die Art überzogen, in der sich Mikl an den Urteilen einiger weniger Personen rieb. Doch der Künstler brauchte Reibung, erklärt seine Witwe Brigitte Bruckner-Mikl, die dem MUSA zahlreiche Skizzenbüc­her und Manuskript­e schenkte. Die Abgeschlos­senheit der Szene erzeugte offenbar eine Druckkocht­opf-Situation, in der Künstlerpe­rsönlichke­iten anders reiften als heute, wo sie internatio­nal an diverse Diskurse andocken.

Bleibt die Frage nach dem Stellenwer­t von Mikls satirische­m Werk, das mitunter an Jonathan Meeses Bild-TextTirade­n erinnert: Es hat wohl die Energie des Malers Mikl, doch die Schärfe eines Daumier oder Hogarth fehlt ihm. Für dieses Urteil hätte der Künstler den Kritiker vielleicht als Hund porträtier­t. Leider, zu spät.

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Seite aus dem Mikl-Buch „Letzte Reise des Wunderpfer­des“, 1951

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