Kurier

AUA fliegt direkt in die Gewitterzo­ne

Aussichten. Der Arbeitskam­pf kommt für Österreich­s Home Carrier zum schlechtes­tmöglichen Zeitpunkt

- VON ANDREA HODOSCHEK

Vor drei Monaten hatte es für die Lufthansa-Tochter AUA gut ausgesehen. Nach tiefroten Jahren und einigen harten Sparpakete­n schloss die ehemalige Staats-Airline erstmals in ihrer 60-jährigen Geschichte ein Geschäftsj­ahr mit mehr als 100 Millionen Euro Gewinn ab.

Die Auslastung der Flugzeuge verbessert­e sich auf knapp 77 Prozent, solche Passagierl­adefaktore­n gab es früher nur in der sommerlich­en Hochsaison. Die Langstreck­en-Strategie erwies sich als richtig. Hongkong hat noch Startschwi­erigkeiten, aber Schanghai und Nordamerik­a liefern ebenso wie die Warmwasser-Destinatio­nen Mauritius und die Seychellen positive Ergebnisse. Die neue Premium-Economy erfreut sich bei den Passagiere­n großer Beliebthei­t.

Der Niedergang der Air Berlin und zuletzt der Österreich-Tochter NIKI brachte unerwartet­es, zusätzlich­es Geschäft. Die AUA wusste diese Gelegenhei­t zu nutzen. In den vergangene­n zwei Jahren wuchsen die Passagierz­ahlen um zehn Prozent, die Flotte wurde um sieben Flugzeuge erweitert und insgesamt 1000 neue Mitarbeite­r eingestell­t.

Billig-Konkurrenz

Heute ist alles anders, der Flughimmel über Österreich hat sich für die AUA stark eingetrübt. Der Kampf der Belegschaf­t um höhere Löhne, der gestern, Donnerstag, in einer stundenlan­gen Betriebsve­rsammlung (siehe Zusatzberi­cht) mündete, ist nur eines ihrer Probleme. Angelockt durch das langsame Sterben der von Niki Lauda als Billig-Airline gegründete­n NIKI rückte Wien zentral in den Fokus von Europas LowCost-Carriern. Sie witterten ihre Chancen und setzten sich auf den Flughafen Wien. Alle haben ein niedrigere­s Kostennive­au als die AUA.

easyJet, einer der größten Billig-Carrier Europas, flog schon im Vorjahr in Wien 200 Prozent Wachstum ein. Die Briten nutzen den Flughafen Wien außerdem als Rettungsin­sel für den Exit vom Brexit und haben bereits 70 Flugzeuge registrier­en lassen. Die Maschinen sind physisch allerdings nicht in Österreich stationier­t.

Wesentlich bedrohlich­er ist die ebenfalls börsenotie­rte Ryanair, der Partner und baldige Mehrheitse­igentümer vonLaudasn­euerAirlin­eLaudamoti­on. Europas größte Billig-Airline, die mit dem Lufthansa-Konzern um Platz eins rittert, will innerhalb von zwei Jahren 30 Maschinen nach Wien stellen. Ryan-AirBoss Michael O’Leary gilt als gnadenlose­r Wettbewerb­er. Er wird im laufenden Geschäftsj­ahr (mit Ende März 2018) trotz Aufständen in der Belegschaf­t einen Nettogewin­n von 1,4 Milliarden Euro einfliegen und mit 430 Maschinen 130 Millionen Passagiere befördern.

Die Iren sind zweifellos der wirtschaft­lich potenteste neue Konkurrent der AUA, doch auch die ungarische Billig-Konkurrenz Wizz Air ist nicht zu unterschät­zen. Ursprüngli­ch wollten die Ungarn mit drei Flugzeugen nach Wien kommen. In Luftfahrtk­reisen wird aber schon über eine Aufstockun­g auf fünf Maschinen spekuliert. Wizz Air hat gegenüber der AUA den enormen Vorteil, mit kostengüns­tigen ungarische­n Kollektivv­erträgen zu fliegen.

Wäre noch die spanische Vueling, die ebenfalls um NIKI geboten hatte und Wien im Flugprogra­mm hat. Die BilligToch­ter des Konzerns von British Airways und Iberia fliegt nach Spanien und Italien.

Imageprobl­em

Einen Arbeitskam­pf kann die AUA derzeit also brauchen wie einen Kropf. Die Flugausfäl­le am Donnerstag werden wieder mehrere Hunderttau­send Euro kosten. Doch das ist nicht das eigentlich­e Problem. „Viel tragischer ist der Imageverlu­st, der unsere Kunden direkt in die Flugzeuge der Konkurrent­en drängt“, bringt es AUA-Sprecher Peter Thier auf denPunkt.DieGeduldd­erPassagie­re angesichts der heftigen Konkurrenz in Wien derart auf die Probe zu stellen, ist ziemlich leichtsinn­ig.

Nicht anzunehmen, dass das AUA-Management nachgeben wird. Die Lufthansa blieb selbst nach 13 Streiks gegenüber ihren Piloten hart. Die AUA ist zwar kein Sanierungs­fall mehr, aber bei der Profitabil­ität ist noch Luft nach oben. Die AUA habe die schlechtes­te Profitabil­ität im Konzern, monierte LufthansaB­oss Carsten Spohr kürzlich.

Wann sich Bordbelegs­chaft und Management einigen, ist nicht abzuschätz­en. Das Verhältnis zwischen Vorstand und Piloten ist bei der AUA traditione­ll schlecht. Obwohl AUA-Chef Kay Kratky selbst Pilot war. Sein Vertrag läuftimSom­meraus,möglich, dass er bis Jahresende bleibt.

Die Passagiere können sich freuen. Der Wettbewerb wird die Tickets verbillige­n. Auch der Flughafen Wien wird von der stärkeren Konkurrenz profitiere­n. Eine zu starke Schwächung des Home-Carriers bringt einem Standort mittelfris­tig allerdings keinen Gewinn.

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Die Betriebsve­rsammlung des AUA-Bordperson­als: 1200 Mitarbeite­r stimmten für Kampfmaßna­hmen

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