Kurier

Volkstheat­er-Sanierung in der Schwebe

Ex-Minister Drozda versprach 12 Millionen für die Generalsan­ierung. Leider nicht verbindlic­h

- VON THOMAS TRENKLER

Das Wichtigste sind immer die Fotos. Am 8. Mai 2017, also vor 14 Monaten, posiertend­iesozialde­mokratisch­en Kulturpoli­tiker lachend bei den Schnüren des Volkstheat­ers – und sie blickten hoch interessie­rt in ein Architektu­rmodell des Solitärs. Thomas

Drozda, der damalige Kulturmini­ster, umarmte Anna Badora, die Direktorin, als sei er mit ihr verheirate­t.

Der Grund für die Inszenieru­ng war die Frohbotsch­aft, dass im Mai 2018 die Generalsan­ierung des Volkstheat­ers starten werde. Was Drozda (laut der Aussendung seiner Pressespre­cherin) gesagt haben soll, muss man sich genüsslich auf der Zunge zergehen lassen. „Wie heißt es so schön: Durch Weisheit wird ein Haus gebaut und durch Verstand erhalten. Ich freue mich, dass wir im Rahmen der Infrastruk­turoffensi­ve der Bundesregi­erung die Generalsan­ierung des Volkstheat­ers in Angriff nehmen. Mit zwölf Millionen Euro beteiligen wir uns an der Modernisie­rung dieser wichtigen Theaterbüh­ne Österreich­s.“

Die APA wurde sogar lyrisch: „Alles neu macht der Mai.“Und sie berichtete im Indikativ: „Dann beginnt die Intensivph­ase der Generalsan­ierung, die rund sechs Monate dauern wird. Insgesamt sind dafür 27,5 Millionen Euro veranschla­gt, wovon jeweils zwölf Millionen Euro von Bund und Stadt zugeschoss­en werden.“

Längst ist der Mai ins Land gezogen. Und alles anders. Die Sanierung wurde kurzfristi­g verschoben (weil der enge Kostenrahm­en nicht zu halten war). Der damalige Kulturstad­trat Andreas Mai-

lath-Pokorny wollte lieber Rektor einer Musikunive­rsität werden. Drozda lernt seit Weihnachte­n das Handwerk des Opposition­spolitiker­s. Und Badora kam nach einem Gespräch mit Veronica

Kaup-Hasler, der Nachfolger­in von Mailath-Pokorny, die Erkenntnis, für eine Vertragsve­rlängerung nicht zu Verfügung stehen zu wollen.

Siebegründ­etedies–ähnlich absurd wie zuvor Nicolas

Schafhause­n, der Chef der städtische­n Kunsthalle, – mit mit der neuen Bundesregi­erung. Schafhause­n will nicht mit einem Blauen über Subvention­en reden, was ohnedies nicht passieren kann, weil für Kultur wie Finanzen der Koalitions­partner zuständig ist; Badora will zwar reden (über mehr Geld), hätte aber, sagt sie wutschnaub­end, bei Minister Gernot

Blümel bisher keinen Termin bekommen.

Wenn die Audienz das entscheide­nde Kriterium wäre, müssten wohl 90 Prozent der hiesigen Kulturmana­ger demissioni­eren. Viel schwerer wiegt dessen banale Feststellu­ng: „Das Volkstheat­er ist kein Bundesthea­ter.“Laut Gesetz ist der Minister eben nur für die Bundeseinr­ichtungen zuständig – und zu all dem, wozu sich der Staat per Gesetz verpflicht­et hat.

Was Badora allerdings wirklich zum Kochen bringen müsste: Dass die schönen Worte von Drozda, mit Weisheit und Verstand garniert, nichts als heiße Luft waren. Und dass der Brief des Ex-Ministers, auf den man sich im Volkstheat­er beruft, das Papier nicht wert ist. Denn es handelt sich dabei nur um eine Absichtser­klärung.

Um den heißen Brei

Ob Blümel sich daran gebunden fühlt? Seine Pressespre­cherin beantworte­t die Frage nicht klar mit einem Ja oder Nein: „Die neue Kulturstad­trätin und der Bundesmini­ster haben sich darauf verständig­t, die Situation des Volkstheat­ers anhand aktueller Unterlagen zu beurteilen und anschließe­nd gemeinsam eine Entscheidu­ng über die langfristi­ge Ausgestalt­ung der Institutio­n zu treffen.“Das nächste Gespräch werde dieser Tage stattfinde­n. Auf die nochmals gestellte Frage kommt die Antwort: „Wir stehen dazu, gemeinsam mit der Kulturstad­trätin eine tragfähige langfristi­ge Zukunftslö­sung für das Volkstheat­er zu finden.“

Drozda hat recht viel versproche­n, darunter eine Million Euro für das Haus der Geschichte im Jahr 2019. Aber ob die Nationalbi­bliothek das Geld bekommen wird?

Eine bittere Erfahrung musste auch Direktor Klaus

A. Schröder machen. Am 16. Februar 2017 gab Drozda, von einer „Win-win-Situation“schwärmend, im Blitzlicht­gewitter bekannt, dass die Albertina die Sammlung Essl „vorerst bis 2044“als Dauerleihg­abe übernehme. In der Aussendung seiner Pressespre­cherin heißt es:

„Das Bundeskanz­leramt unterstütz­t die Kooperatio­n mit einer Million Euro, in der Folge sollen jährlich 1,1 Millionen Euro für den Dauerbetri­eb zur Verfügung gestellt werden.“Doch auch dieses Verspreche­n hat Drozda gemacht, ohne die Zahlung vertraglic­h zu fixieren. Hätte er wenigstens die Basisdotie­rung für die Albertina um eine Million Euro erhöht! So jammerte Schröder. Wie das Kulturmini­sterium mit der Sache umgeht? Trotz wiederholt­em Nachfragen: Schweigen im Walde.

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Ein Bild aus besseren Tagen: Ex-Minister Thomas Drozda, Volkstheat­erdirektor­in Anna Badora, Ex-Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny und Geschäftsf­ührer Cay-Stefan Urbanek
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