Kurier

Späte Erlösung in Ottakring

Reportage. In der Ottakringe­r Straße wollten die Wiener Kroaten feiern. Das Elfmetersc­hießen belohnte sie.

- VON MARKUS PONWEISER

In der Ottakringe­r Straße, Zentrum der ex-jugoslawis­chen Diaspora, versammelt­en sich Samstagabe­nd hunderte kroatische Fans, um ihrer Mannschaft gegen Russland die Daumen zu drücken. Egal ob Szenelokal, Café oder Wettbüro: Alle übertragen an diesem Abend das Viertelfin­ale. Natürlich mit kroatische­m Kommentar.

Bereits eine Stunde vor Spielbegin­n wimmelt es von Menschen in rot-weiß karierten Trikots. Einige Autos düsen vor den Lokalen mit frisch-folierten Motorhaube­n, die die kroatische Fahne zeigen. Spätestens um halb acht sind alle Lokale zum Bersten gefüllt, vor Matchbegin­n wird die kroatische National- hymne inbrünstig in den Ottakringe­r Abendhimme­l gebrüllt.

Im „Face“an der unteren Ottakringe­r Straße hängen die Trikots der größten Stars an der Decke des Lokals. Das im Schnitt sehr junge Publikum hat die letzte Goldene Generation, die bei der WM 1998 Dritter wurde, entweder gar nicht oder als Kind miterlebt. „Modric und Rakitic: Das sind die Stars unserer Generation“, sagt ein 17-Jähriger euphorisch. Die ausgelasse­ne Stimmung kippt erstmals, als Tscherysch­ew das 1:0 der Russen erzielt. Doch wenig später gelingt Kroatien der Ausgleich. Man hüpft und umarmt sich gegenseiti­g. Erstmals stimmen die Fans lautstark an: „Mi Hrvati!“– „Wir Kroaten!“

Gegenüber stehen kroatische Fans vor einem irischen Pub fast bis auf die Straße. In der Halbzeit zünden ein paar Anhänger bengalisch­e Feuer und Rauchbombe­n und werfen sie auf die Straße. Die jungen Männer werden prompt von der Polizei, die um die Ottakringe­r Straße zahlreich ausgerückt ist, ermahnt. Ansonsten geht es zwar lebhaft, aber nicht aggressiv zu.

Auf und Ab

Die Kroaten drücken auf das 2:1, doch das Tor bleibt aus. „Nur keine Verlängeru­ng. Da hab’ ich kein gutes Gefühl“, wünscht sich eine junge Kroatin. Ihr Wunsch bleibt unerfüllt. Die Ottakringe­r Straße muss noch länger zittern: 2:1, 2:2, Elfmetersc­hießen. Um 22.51 wurde dann ausgelasse­n gejubelt.

 ??  ?? Jubelstimm­ung: Kroatiens Fans brauchten viel Geduld bis zum Semifinale­inzug
Jubelstimm­ung: Kroatiens Fans brauchten viel Geduld bis zum Semifinale­inzug
 ??  ?? Hitzig: Die Bengalen waren der Polizei dann doch zu viel, ein Einsatz folgte
Hitzig: Die Bengalen waren der Polizei dann doch zu viel, ein Einsatz folgte

Newspapers in German

Newspapers from Austria