Gut für Industrie, schlecht für Banken
Weicher Brexit. Eine Freihandelszone mit der EU verhindert weiteres Abwandern von Betrieben
Sollte Großbritannien seine EU-Mitgliedschaft durch eine Freihandelszone mit der EU ersetzten („weicher Brexit“), wird vor allem die Industrie jubeln. Denn sie könnte in diesem Fall Waren weiterhin zollfrei von der EU beziehen und in die EU liefern.
Lebenswichtig ist das insbesondere für die britische Autoindustrie. So hat etwa BMW kürzlich mitgeteilt, dass das Unternehmen für die Produktion des „Mini“auf den Britischen Inseln Autoteile bis zu vier Mal über den Ärmelkanal und retour schicken müsse. Würde das jedes Mal verzollt, wäre die Produktion in Großbritannien völlig unrentabel. Jaguar Land Rover hatte für den Fall eines harten Brexit mit dem Abzug seiner Werke aus Großbritannien gedroht.
Auch für Agrarprodukte soll nach dem Willen der bri- tischen Premierministerin May kein Zoll beim Handel mit der EU anfallen. Das wiederum freut die Konsumenten in Großbritannien. Denn landwirtschaftliche Erzeugnisse müssen in großen Mengen importiert werden. Zölle würden die Waren verteuern.
Londons City zittert
Für die Finanzunternehmen in der Londoner City hat May keine Sonderregelung vorgesehen. Banken, Versicherungen, Finanzdienstleister müssen damit rechnen, dass ihnen der freie Zugang zu den Märkten der EU verwehrt wird. Einige Firmen, wie JPMorgan, ziehen daher bereits einen Teil der Belegschaft aus London ab und siedeln sich in Paris an. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat ihre Übersiedlung nach Paris bereits beschlossen. Der Boom in Londons City scheint damit beendet.
Für die britische Währung würde ein weicher Brexit einen Kursauftrieb bewirken. Dies zeigte sich unmittelbar nach dem Rücktritt des BrexitHardliners Davis. Der PfundKurs legte um 0,5 Prozent zu. Als dann aber Außenminister Boris Johnson das Handtuch warf, gab der Pfund-Kurs wieder nach. Die Währung verlor zum Dollar 0,4 Prozent. . Sollte Johnson nun Premierministerin May herausfordern, würde die Unsicherheit rund um die britische Währung weiter wachsen.