Kurier

War Emilie Flöge mehr als Gustav Klimts Muse?

Mode-Ikone. Neue Erkenntnis­se geben Auskunft

- VON GEORG MARKUS

Am Sonntag berichtete ich über ein in den Niederland­en aufgetauch­tes Porträt, das Emilie Flöge, die große Muse und Vertraute Gustav Klimts darstellen soll. Wäre das Bild von Klimt, wäre es viele Millionen wert, andernfall­s so gut wie gar nichts. Wer aber war Emilie Flöge?

Fest steht, dass man ihr nicht gerecht wird, sie nur auf ihre Beziehung zu Klimt zu reduzieren, da sie eine eigenständ­ige, fasziniere­nde Frau war. 1874 als Tochter eines Meerschaum­pfeifenfab­rikanten in Wien zur Welt gekommen, lernte sie den um zwölf Jahre älteren Klimt 1891 kennen. Ihre Schwester Helene war mit Gustavs früh verstorben­em Bruder Ernst verheirate­t, Emilie war also Klimts Schwägerin.

Führender Modesalon

Emilie Flöge war gelernte Schneideri­n und gründete 1904 mit Helene und ihrer zweiten Schwester Pauline den Salon „Schwestern Flöge“auf der Mariahilfe­r Straße, der bis zu 80 Schneideri­nnen beschäftig­te und bald Wiens führender Modesalon war. Zu den Kundinnen zählte die elegante Damenwelt, darunter Berta Zuckerkand­l, Adele Bloch-Bauer und Clarisse Rothschild.

Emilie reiste zweimal im Jahr nach London und Paris, wo sie sich unter anderen von Coco Chanel inspiriere­n ließ. Mehr als 20 Kleiderent­würfe ihres Salons stammten von Gustav Klimt, und Emilie führte ihre Modelle als Mannequin selbst vor. 1938 wurde der Salon, als viele ihrer Kundinnen fluchtarti­g das Land verließen, geschlosse­n.

Es ist bekannt, dass Klimt mit vielen seiner Modelle Beziehunge­n hatte, und Emilie war eines seiner Modelle. Sein berühmtest­es Bild von ihr entstand 1902 und befindet sich im Wien Museum. Emilie Flöge war mit dem Porträt nicht glücklich, worauf Klimt versprach, ein neues zu malen, wozu es nicht kommen sollte.

Was war da wirklich?

So emanzipier­t sie auch war, lautet die meistgeste­llte Frage, wenn man auf Emilie Flöge zu sprechen kommt: Was war da wirklich mit Gustav Klimt?

Auch wir können die Frage nicht ganz außer Acht lassen. Und Peter Weinhäupl von der Wiener Klimt Foundation kennt die Antwort: „Aufgrund neuester Erkenntnis­se gehen wir davon aus, dass da mehr war als bloße Freundscha­ft. Man sieht das anhand diverser Anreden, an gezeichnet­en Herzen usw. in der Korrespond­enz. Die Liebesbezi­ehung dürfte 1899 beendet worden sein, als Klimts Modell Maria Ucicky sein erstes Kind zur Welt brachte.“

Doch die Freundscha­ft des Malers mit Emilie blieb aufrecht. Sowohl in Wien als auch am Attersee, wo sie von 1900 bis 1916 gemeinsam die Sommerferi­en verbrachte­n.

Emilie Flöge starb 1952, 34 Jahre nach Gustav Klimt.

georg.markus@kurier.at

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Muse, Vertraute – und mehr? Emilie Flöge und Gustav Klimt bei einem gemeinsame­n Urlaub am Attersee
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