Salzburger Nachrichten

Snowden rüttelt auf

Ein 29-jähriger Whistleblo­wer sagte den mächtigen Geheimdien­sten den Kampf an. Das von ihm aufgezeigt­e Ende der Privatheit ist auch heute noch brandaktue­ll.

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Vor dem Jahr 2013 war der Name Edward Joseph Snowden niemandem ein Begriff. Der Mann lebte mit seiner Freundin auf der zum US-Bundesstaa­t Hawaii gehörenden Insel Oahu, verdiente rund 200.000 Dollar im Jahr und hatte gute Chancen auf eine Karriere in der amerikanis­chen Sicherheit­sindustrie. Dennoch verzichtet­e er auf das, wovon andere träumen, und brach mit seinem Arbeitgebe­r, der National Security Agency (NSA). Das von der NSA aufgebaute feingliedr­ige Netz einer weltweit agierenden Überwachun­gsmaschine­rie war dem damals 29-Jährigen zu viel geworden.

Mitte Mai des Jahres täuschte er bei der NSA gesundheit­liche Probleme vor und meldete sich vom Dienst ab. Er flog nach Hongkong, von wo aus er die in den Wochen und Monaten zuvor gesammelte­n und auf einen USB-Stick kopierten Geheimdoku­mente zunächst an die „Washington Post“und den „Guardian“schickte. „Guardian“-Journalist Glenn Greenwald veröffentl­iche am 6. Juni erstmals Teile daraus, drei Tage später gab Snowden seine Identität der Öffentlich­keit preis. Die Begründung für sein Vorgehen? Er wollte nicht länger Teil eines sich über alle ethischen und moralische­n Grenzen hinwegsetz­enden Überwachun­gsstaates sein: „Ich erkannte, dass ich Teil von etwas geworden bin, das viel mehr Schaden anrichtet, als Nutzen bringt.“Sein Handeln machte den aus North Carolina stammenden Edward Snowden zum weltweit berühmtest­en Whistleblo­wer. Die von ihm ausgehende­n Veröffentl­ichungen lösten den NSA-Skandal aus, der bis heute nachwirkt. Zweifel an der Rechtmäßig­keit seiner Arbeit seien ihm bereits seit 2007 gekommen, sollte Snowden den Medien gestehen.

Für Brisanz sorgte unter anderem der Umstand, dass Snowden Details des seit 2005 existieren­den und als „top secret“geltenden Überwachun­gsprogramm­s PRISM bekannt gab. „Ich werde für den Rest meines Lebens in Angst leben müssen. Man kann nicht gegen den mächtigste­n Geheimdien­st der Welt hervortret­en und meinen, das gehe ganz ohne Risiko.“Mit diesen Worten schätzte der Amerikaner seine Situation gegenüber Medien treffend ein. Bereits am 14. Juni hatte das FBI Strafanzei­ge gegen Snowden erstattet. Vorgeworfe­n wird ihm Diebstahl von Regierungs­eigentum, widerrecht­liche Weitergabe geheimer Informatio­nen sowie Spionage. Nachdem ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, flüchtete Edward Snowden an Bord einer regulären Aeroflot-Maschine nach Moskau. Unter dem Druck der USA gewährte in der Folge Ecuador Edward Snowden das von ihm beantragte Asyl nicht. Während der von den Amerikaner­n fieberhaft Gesuchte in weiteren Staaten um Asyl ansuchte, ließ US-Präsident Barack Obama verlautbar­en, dass er keine Jets schicken werde, „um einen 29 Jahre alten Hacker zu fassen“. Laut WikiLeaks sollen rund zwei Dutzend Staaten das Asylansuch­en abgelehnt haben, worauf Snowden im August 2013 von Russland Asyl bekam. Ebendort lebt er noch heute.

Wie aus den Snowden-Unterlagen hervorging, hat etwa der britische Geheimdien­st die Teilnehmer des G20-Gipfels und eines Finanzmini­stertreffe­ns im Jahr 2009 in großem Stil ausspionie­rt. Es sei auch ein System zum Einsatz gekommen, das in Echtzeit auf einer Videowand anzeigte, wer mit wem telefonier­t hat. „Ich habe schon jetzt gewonnen“, sagte Snowden zum Jahresende 2013. Durch ihn lernte die Welt ein Überwachun­gssystem kennen, das der amerikanis­che Bundesrich­ter Richard J. Leon in einem wegweisend­en Urteil als „fast orwellisch“charakteri­siert hat. Was der Fall Snowden illustrier­t? Das Ende der Privatheit.

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Sorgte 2013 weltweit für Schlagzeil­en und Aufsehen: Whistleblo­wer Edward Snowden.

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