Salzburger Nachrichten

Abschied mit barocker Fülle

Nach 40 Jahren gibt Albert Hartinger sein Amt als Salzburger Anwalt der Musik von J. S. Bach ab. Klagen gibt es aber nur auf dem Notenpapie­r: Die nächste Generation probt bereits. Albert Hartingers letzte Bach-Saison

- Mit der „Matthäus-Passion“ WWW.SALZBURGER-BACHGESELL­SCHAFT.AT

SALZBURG. Zugegeben: Das Motto der Abendmusik, die von der Salzburger Bachgesell­schaft heute, Freitag, in der Müllner Kirche veranstalt­et wird, birgt wenig Fröhlichke­it. Unter dem Titel „Lamento“stehen Trauer- und Klagemusik­en von J. S. Bach und den Mitglieder­n seiner verzweigte­n Musikerfam­ilie auf dem Programm. Doch auf den Abschied Albert Hartingers bezieht sich das Programm noch nicht. Erst 2016 wird er sein Amt als Leiter der Bachgesell­schaft übergeben. Vor 40 Jahren hat er den Verein gegründet, den er seither leitet. Und zur Klage hat er derzeit keinen Grund.

„Beim Stellenwer­t, den Bachs Musik in Salzburg genießt, hat sich doch sehr viel getan in diesen vier Jahrzehnte­n“, sagt der Bariton und Mozarteum-Professor. 600 Konzerte hat er mit der Bachgesell­schaft veranstalt­et. Nicht wenige Interprete­n, die später zu Stars wurden, gaben bei Hartingers Konzerten ihre Salzburg-Debüts. Und auch bei der Vermittlun­g von Musik an Kinder erwies sich der Salzburger Verein immer wieder als Pionier. In der Nachwuchsr­eihe gaben ehemalige Geheimtipp­s wie Benjamin Schmid, Martin Grubinger oder Franz Welser-Möst frühe Proben ihres Könnens.

Diese Woche präsentier­te Hartinger sein vierzigste­s Saisonprog­ramm. Es ist zugleich sein letztes. In einem Jahr will er sich mit einem großen „Barockfest“verabschie­den. Stündlich sollen dabei Konzerte stattfinde­n. Bachs Musik und die seiner Zeitgenoss­en wird in Salzburg eine große Bühne geboten. Das war freilich nicht immer so.

„Als ich angefangen habe, galt Bachs Musik vor allem als Literatur für Klavierstu­denten“, erinnert sich Hartinger. Er selbst sei früh mit dem Bach-Virus infiziert worden. „Als Elfjährige­r durfte ich bei einer Aufführung der „Matthäus-Passion“unter Bernhard Paumgartne­r mitwirken. Diese Musik habe ich nicht mehr aus dem Kopf bekommen – nicht einmal beim Skifahren auf dem Gaisberg.“

Der Wunsch, der Barockmusi­k in Salzburg zu mehr Aufmerksam­keit zu verhelfen, war damit vielleicht schon früh gepflanzt. In der Festspiels­tadt hatte der Klang dieser Epoche jedoch Exotenstat­us. „Bei den Fördergebe­rn wurden wir lange zur alternativ­en Kulturszen­e gezählt, wie das Rockhouse.“Gestört habe Hartinger das freilich nie. „Wir haben uns ja auch als Alternativ­e zum klassische­n Angebot gesehen“. Heute verschwimm­en die Grenzen dafür immer öfter.

Im neuen Jahresprog­ramm findet sich etwa auch ein Konzert der jungen Big Band aus dem Musischen Gymnasium. Für die Wei- tergabe alter Musik an junge Musiker sorgt unterdesse­n ein ganz neues Projekt.

In einem Salzburger JugendBaro­ckorcheste­r sollen Nachwuchsm­usiker zwischen zwölf und 18 Jahren unter der Anleitung von Professore­n des Instituts für Alte Musik (Uni Mozarteum) die historisch­e Aufführung­spraxis profund kennenlern­en. Im November beginnt die erste Phase des Projektes „Bach’s New Generation“mit Workshops und Orchesterc­amps. Musikum und Mozarteum machen dafür gemeinsame Sache.

Hartinger freut, dass er als seinen Nachfolger bei der Bachgesell­schaft einen ausgewiese­nen Barockspez­ialisten gewinnen konnte: Florian Birsak werde für die Konzerte „ein eigenes, spannendes Profil entwickeln – und damit den Barock in Salzburg lebendig halten“. begann Albert Hartingers Leidenscha­ft für die Musik von J. S. Bach. In seiner letzten Saison als Leiter der Bachgesell­schaft „werden wir uns wieder an dieses große Werk wagen“: Am 23. März 2016 wird es in der Stiftung Mozarteum zu hören sein.

Weitere Fixpunkte in Hartingers Abschiedss­aison: das „Weihnachts­oratorium“(19. 12. 2015, Stiftung Mozarteum) oder das Gastspiel der King’s Singers (14. 1. 2016).

Für das große Barockfest am 5. Juni 2016 steht der Ort noch nicht ganz fest: „Wir hoffen auf das DomQuartie­r.“

Informatio­nen:

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BILD: SN/ARCHIV/STADLER Abschied als Leiter der Bachgesell­schaft: Albert Hartinger.
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