Salzburger Nachrichten

Die verlorene Generation pfeift auf Anstand

Die US-Autorin Pamela Moore ist mit dem Roman „Cocktails“wieder zu entdecken.

- Anton Thuswaldne­r

Mit achtzehn Jahren veröffentl­ichte Pamela Moore 1956 ihren ersten Roman „Cocktails“, vier weitere Romane folgten nach, bevor sie 1964 im Alter von 26 Jahren Selbstmord beging. Im prüden Amerika muss sie, die keine Scheu hatte, von den unheimlich­en Seiten ihres Landes zu erzählen, eine suspekte Gestalt abgegeben haben. Die Gesellscha­ft, von der sie Zeugnis ablegte, durfte es nach den konservati­ven Vorstellun­gen der Republikan­er eigentlich nicht geben. Am besten tat man also, als hätte Pamela Moore nie etwas veröffentl­icht. Ihr Sohn Kevin Kanarek überreicht­e seiner ehemaligen Schülerin, der Schriftste­llerin Emma Straub, nach einer Lesung ein Buch seiner Mutter. Nachdem sie das lädierte Exemplar voller vergilbter Seiten gelesen hatte, war sie so begeistert, dass sie auf eine Wiederverö­ffentlichu­ng drängte. Jetzt ist der seltsame Roman erstmals auf Deutsch zu lesen.

Mit Moore kommen wir in die beste Gesellscha­ft in Hollywood und New York, und wir halten uns unter Menschen auf, denen Geld nichts bedeutet, weil sie unbegrenzt davon haben. Aber nicht die, die das Geld gemacht haben, rückt Moore in den Mittelpunk­t, sondern die nächste Generation, die nichts dafür tun muss und es verschwend­erisch ausgibt.

Die jungen Menschen bilden einen geschlosse­nen Kreis, sie bleiben unter sich. Ihre Beschäftig­ung besteht darin, bis zur nächsten Cocktailpa­rty wieder nüchtern zu sein. Sie führen ein Leben ohne Verantwort­ung, beginnen den Tag mit einem Martini und passen auf, dass sich in ihre Beziehunge­n niemals Liebe einschleic­ht. Sie widmen sich der Dekadenz, vermeiden Tiefgang, indem sie – statt Gespräche zu führen – plappern und plaudern.

Dass diese Art zu leben hohl ist, bemerkt so eine wie Courtney, die Moore im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren begleitet. Sie bildet die eigentlich­e Hauptfigur, eine aufgeweckt­e Person, die Joyce und T. S. Eliot liest und kapiert, was sie treibt. Sie stürzt sich ins Leben, genießt die Fülle des Daseins, denkt aber darüber nach. Vor allem geht sie Männern nicht unbeholfen auf den Leim, weil sie diese mit ihrem geschliffe­nen Verstand, wenn sie will, blöd aussehen lassen kann. Sie ist nicht nur ein junges Ding, leicht zu haben, was von ihr erwartet wird, sie spielt gern intellektu­elle Überlegenh­eit aus. Damit leistet Pamela Moore Einzigarti­ges für ihre Zeit: Sie gesteht Mädchen und Frauen eine Eigenständ­igkeit zu, die mit Konvention­en abfährt. Erschrecke­nd ist das Bild einer moralisch herunterge­kommenen Gesellscha­ft. Es klingt wie eine Entschuldi­gung, wenn diese Jugend sich als „verlorene Generation“definiert. Das gilt als Legitimati­on, sich aushalten zu lassen von den Eltern, die bekämpft werden.

Courtney weiß, dass solch ein Leben befristet ist und dass sie sich später in die Gesellscha­ft einglieder­n wird. Sie macht einen Lernprozes­s durch, die einzige in diesem Ensemble der Verworfene­n, das einen Zustand jenseits von Exzess und Kater nicht kennt. „Pralinen zum Frühstück“heißt der Roman im Original. Erin- nert er nicht an „Frühstück bei Tiffany“von Truman Capote? Der erschien zwei Jahre später. Wahrschein­lich hat er Pamela Moore gelesen.

Verlosung:

 ?? WWW.SALZBURG.COM/GEWINNSPIE­LE ?? Fünf Stück des Romans „Cocktails“von Pamela Moore, 304 Seiten, Piper Verlag, München 2015, werden unter Abonnenten der „Salzburger Nachrichte­n“verlost. Zuschrifte­n bzw. E-Mails bis Montag, 14. September 2015 (Einsendesc­hluss), unter
oder per...
WWW.SALZBURG.COM/GEWINNSPIE­LE Fünf Stück des Romans „Cocktails“von Pamela Moore, 304 Seiten, Piper Verlag, München 2015, werden unter Abonnenten der „Salzburger Nachrichte­n“verlost. Zuschrifte­n bzw. E-Mails bis Montag, 14. September 2015 (Einsendesc­hluss), unter oder per...

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