Räuber überfielen ihre Opfer zu Hause
Die Täter schlugen und fesselten die Bewohner in den eigenen vier Wänden. Zwei Überfälle in Wien zeigen auffällige Parallelen.
Es passiert dort, wo man sich sicher fühlen sollte – in den eigenen vier Wänden. Räuber dringen in Häuser und Wohnungen ein und nehmen in Kauf, die Bewohner anzutreffen. Meist schlagen und fesseln sie ihre Opfer und zwingen sie dann, den Tresor zu öffnen oder Wertgegenstände herauszugeben. Kriminalisten sprechen hierbei von „Home Invasion“. Laut Bundeskriminalamt sind die Opfer meist älter als 60 Jahre. Seit einem Jahr verzeichnen die Ermittler einen leichten Anstieg bei diesen Delikten.
Wie berichtet, überfielen zuletzt am späten Montagabend drei Männer ein Ehepaar (70, 72) in seinem Haus in Wien-Döbling. Die Täter standen plötzlich in einem Zimmer im ersten Stock, wo der pensionierte Arzt und seine Frau gerade abendessen wollten. Zwei Männer waren maskiert, der dritte trug nur eine Haube. Er soll der Anführer gewesen sein, der akzentfrei Deutsch sprach. Die Räuber forderten die Opfer auf, sich ruhig zu verhalten, fesselten sie mit Klebeband und schlossen sie in unterschiedlichen Zimmern ein. Die Täter entkamen mit Bargeld. Die Frau konnte sich nach einiger Zeit selbst befreien und alarmierte die Polizei. Das Opfer gab an, es habe einen Täter gefragt, woher er komme. Die Ant- wort sei Tschetschenien gewesen. Der Fall weist auffällige Parallelen zu einem Überfall auf, der Mitte Februar in Wien-Döbling stattfand. Allerdings gingen die Täter hier deutlich brutaler vor: Die drei Maskierten hatten an der Tür geläutet. Weil die 70-Jährige ihren Mann (64) erwartete, öffnete sie arglos Die Täter drängten sie ins Innere, schlugen und fesselten sie mit Strick und Klebeband und sperrten sie in das Badezimmer. Dann durchsuchten sie das Haus fast eine Stunde lang. In dieser Zeit kehrte der Mann zurück. Er ist ein leitender Chirurg in einem Wiener Spital. Die Räuber schlugen und fesselten ihn. Die verletzten Opfer konnten sich später befreien. Die Täter sollen Albanisch gesprochen haben.
Die Wiener Polizei sieht bei beiden Fällen „sehr, sehr ähnliche Abläufe“, wie Sprecher Roman Hahslinger sagte. Es spreche vieles dafür, dass es sich um dieselben Täter handle. Die Fahndung läuft. Nach Auskunft des Bundeskriminalamts kundschaften die Täter Opfer und Tatorte genau aus, oft sind eher ab- gelegene Häuser im ländlichen Bereich betroffen. Häufig seien die Täter Mitglieder reisender Banden aus Osteuropa.
Auch wenn die körperlichen Verletzungen nach den Überfällen rasch heilen, die seelischen Schäden bleiben: Angst, Schlafstörungen, Hilflosigkeit. Seit 1978 kümmert sich der „Weisse Ring“in Österreich um Opfer von Verbrechen und vermittelt psychologische Hilfe. Das kostenlose Angebot umfasst auch Rechtsberatung, Prozessbegleitung und finanzielle Hilfe für Opfer in Not.
Karin Linecker ist stv. Landesleiterin des „Weissen Rings“in Salzburg. Sie weiß, welche traumatischen Folgen ein Überfall in den eigenen vier Wänden haben kann. Mitunter fühlten sich die Opfer in ihrem Zuhause so unwohl, dass sie es sogar verkaufen wollten. Viele Betroffene trauten sich auch nicht mehr allein aus dem Haus. Das beginne bei Behördengängen, die nach so einem Überfall aber notwendig seien. „Je früher sich die Opfer bei uns melden, desto besser ist es, um das Trauma zu verarbeiten“, sagt Linecker. Der „Weisse Ring“betreibt auch den OpferNotruf (0800/112 112), der das ganze Jahr 24 Stunden täglich erreichbar ist. Weitere Informationen unter:
„In beiden Fällen sind es sehr, sehr ähnliche Abläufe.“