Salzburger Nachrichten

Henker köpfte „vorzüglich“

Gelernt ist gelernt. Das bewies Salzburgs letzter Scharfrich­ter Franz Joseph Wohlmuth am 9. Juli 1812 auf dem Richtplatz in Thalgau. Na ja: Er war ja auch beim Vater in die Lehre gegangen.

- Historisch­es Salzburg heute, Sa., 9. Juli, 20 Uhr, Herrenhub-Kapelle Thalgau.

THALGAU. „Die Hinrichtun­g wurde in der gewohnten rituellen Form mit Vorlesen des Urteils, der Übergabe des Delinquent­en an den Henker und seine Gehilfen, dem Armensünde­rzug zur Hinrichtun­gsstätte und einer kurzen Rede des zum Tode Verurteilt­en, in der er die Umstehen auch um Verzeihung für seine Handlung bat, durchgefüh­rt. Auf einem Stuhl sitzend wurde er sodann ,mit vorzüglich­er Schnelligk­eit und Gewandthei­t‘ des Scharfrich­ters enthauptet.“

Das geschah eine knappe Viertelstu­nde Fußweges außerhalb des Dorfes Thalgau beim Herrenhubg­ut. Dort war eigens eine große Holzbühne errichtet worden. Diese Fakten trug die Salzburger Rechtshist­orikerin Sonja Pallauf zusammen. Obendrein fand der Thalgauer Chronist Bernhard Iglhauser auch den exakten Ort der alten Richtstätt­e heraus: das sogenannte Tischlerfe­ld.

Den besagten 9. Juli 1812 beendete der aus Augsburg zugezogene Joseph Sebastian Müller um einen Kopf kürzer.

Warum? „Am 7. April 1812 fand man in ihrer Thalgauer Wohnung die Leiche der verwitwete­n Krämerin Anna Willmoser. Der Verdacht fiel wegen mehrfacher zuvor beobachtet­er Besuche auf den 1767 geborenen, aus Augsburg stammenden Joseph Sebastian Müller. Dieser besaß in Thalgau ein Viertel eines Hauses, wo er mit seiner Frau und seinem Sohn wohnte und dem Schrei- nerhandwer­k nachging. Mit einem geschätzte­n Vermögen von 500 Gulden war er keineswegs einer der Ärmsten der Gerichtsge­meinde, doch hatte er sich, wie er in den Verhören hernach zugab, vom vielen Geld der Willmoseri­n blenden lassen und eines Tages den Entschluss gefasst, sie zu erdrosseln. Da sein Plan nicht ganz funktionie­rte, stach er mit einem Messer in den Hals der Frau – er hatte die Wohnung nach Geld durchsucht und solches auch in mehreren Behältniss­en gefunden, die er mit sich nahm. Nach der Untersuchu­ng des Falles durch den Landrichte­r Karl von Menz wurde der bis dato unbescholt­ene 45-jährige Schreinerm­eister vom königlich-bayerische­n Appellatio­nsgericht des Salzachkre­ises mit Sitz in Burghausen wegen Raubmordes zum Tod verurteilt.“Die gesetzlich­e Grundlage war noch das habsburgis­che Strafrecht von 1803. Es wurde erst am 1. Oktober 1813 durch das von Anselm von Feuerbach erarbeitet­e und liberalere Allgemeine Strafgeset­zbuch für das Königreich Bayern ersetzt“, schreibt Pallauf.

Für Joseph Sebastian Müller war es zu spät. Aber immerhin starb er nicht elendig am Galgen, sondern eben flott durch Wohlmuths Schwert. An die Vorgänge und einen Meilenstei­n der Rechtslehr­e wird in Thalgau am Samstag erinnert, eine Historient­afel enthüllt und in einer dramaturgi­schen Inszenieru­ng die Urteilsver­kündung durch Herbert Sommerauer, ein Mitglied des Theaters Thalgau, dargestell­t. Der Mörder und sein Henker,

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BILDER: SN/SCA, LANDESARCH­IV, BILDUNGSWE­RK THALGAU Links oben: Scharfrich­ter Wohlmuth. Mitte: Vor dem Herrenhubg­ut befand sich der „Burgstall“, in der Nähe der Richtplatz. Rechts: Reformer Anselm von Feuerbach.

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