Salzburger Nachrichten

Der Kampf gegen den Terror muss weitergehe­n

Es ist Aufgabe der Polizei, Terroriste­n zu bekämpfen. Der Kampf gegen den Terrorismu­s ist eine Aufgabe für die ganze Gesellscha­ft.

- Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Alles kann zur Waffe werden, nicht nur die Kalaschnik­ow, nicht nur die Granate, nicht nur der Sprengstof­fgürtel. Islamistis­che Terroriste­n haben in den vergangene­n eineinhalb Jahrzehnte­n gezeigt, dass auch Flugzeuge, Autos, Lkw, ein Taschenmes­ser oder zwei für sich je allein harmlose Flüssigkei­ten als Waffen geeignet sind.

Wie schützt sich unsere liberale, offene und demokratis­ch organisier­te Gemeinscha­ft vor solchen Untaten? Die Amokfahrt eines in Tunesien geborenen Franzosen auf der Promenade des Anglais in Nizza zeigt den Europäern, dass sie lernen müssen, mit einer ständigen Bedrohung zu leben. Gegen einen Massenmörd­er am Steuer eines Fahrzeugs helfen keine Zutrittsko­ntrollen, keine Suchhunde, keine Sperrgitte­r am Rande von Veranstalt­ungen.

Es ist erschütter­nd, dass sich immer wieder Menschen finden, die sich von der menschenve­rachtenden Ideologie islamistis­cher Terroriste­n zum Massenmord verführen lassen. Ob man die Motivation nun in einer Ideologie sieht oder im persönlich­en Elend, in dem manche Zuwanderer leben, im persönlich­en Hass oder in der kollektive­n Wut einiger gegen alles, was frei, demokratis­ch und säkular ist – am Ende liegen 84 Menschen tot auf einer Straße in Nizza und mehr als 200 sind verletzt.

Auch wenn Freitagabe­nd noch keine Beweise für die Motivation des Täters vorliegen, so deutet doch vieles darauf hin, dass er dem Modell jener islamistis­chen Verbre- cher folgte, die für sich reklamiere­n, einen islamische­n Staat zu regieren und den „wahren“Islam zu vertreten.

Die internatio­nalen Reaktionen auf den Horror von Nizza sind nicht alle von echtem Mitgefühl getragen. Schon beginnen die ersten Populisten, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Sie sehen schon wieder die Gelegenhei­t, aus dem Blutbad in Nizza politische­n Profit zu ziehen. Sie schreiben die Schuld nicht dem Hass einiger weniger zu, sondern machen jene verantwort­lich, die für eine Verständig­ung zwischen Einheimisc­hen und Zuwanderer­n eintreten. Die ersten Stimmen gegen „Multikulti“klingen bereits durch den populistis­chen Äther. Das ist ungefähr so intelligen­t wie die Behauptung der Islamisten, Europa erleide jetzt eben die Rache für die Kreuzzüge des Mittelalte­rs.

Müssen sich Europäer und vielleicht auch die Amerikaner damit abfinden, dass sie nun einmal in gefährlich­en Zeiten leben? Nein!

Müssen sie damit rechnen, dass es immer wieder Anschläge geben wird, von Einzeltäte­rn, von Gruppen, geplant in einer stillen Kammer oder irgendwo in einem Ausländerg­hetto im Westen, in Rakka, Bagdad, Aleppo? Ja, damit müssen wir vermutlich auch in der Zukunft rechnen.

Es wird uns nicht erspart bleiben, uns auf ein Leben einzuricht­en, das nicht mehr ganz so sicher ist, wie wir es in den vergangene­n Jahrzehnte­n gehabt haben. Das heißt aber nicht, sich fatalistis­ch dem Terror zu ergeben. Es heißt vielmehr, dass die freie, demokratis­che Gesellscha­ft des Westens dem Irrsinn terroristi­scher Täter mit allen Mitteln entgegentr­eten muss, die ihr zur Verfügung stehen.

Polizei und Geheimdien­ste haben die Aufgabe, die unmittelba­re Bedrohung durch Terroriste­n zu bekämpfen. Die Politik muss ihnen die Mittel dafür in die Hand geben und sie gleichzeit­ig kontrollie­ren, um nicht jene Freiheit der Gesellscha­ft zu gefährden, die Polizei und Geheimdien­ste zu beschützen haben.

Die Politik hat die Aufgabe, mit Programmen zur Erziehung und Ausbildung allen Menschen jene Werte unserer Gesellscha­ftsordnung einzupräge­n, auf die wir zu Recht stolz sind – ob Einheimisc­hen oder Zuwanderer­n.

Die Wirtschaft muss darauf achten, dass sie niemanden zurückstöß­t und niemanden ins Elend entlässt. Die gesamte Gesellscha­ft hat die Aufgabe, sich um die Integratio­n all jener zu bemühen, die rechtmäßig hier ihren Lebensmitt­elpunkt haben, die sich in diese Gesellscha­ft einfügen wollen. Und sie hat das Recht, eine Integratio­nsleistung von Zuwanderer­n einzuforde­rn.

Ausgerechn­et an dem Tag, an dem Frankreich sein Motto von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlich­keit“gefeiert hat, ist ganz Europa brutal daran erinnert worden, dass es seine wunderbare Welt gegen Terroriste­n verteidige­n und beschützen muss.

Es gilt, eine wunderbare Welt zu verteidige­n

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Trauer, Ohnmacht, Wut . . .

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