Salzburger Nachrichten

Lesen. Ferenc Barnás geht in seinem neuen Roman der Frage nach, wo die Grenze des Ichs verläuft.

Gundi Habenicht hat einen der schwierigs­ten Jobs beim Land: Sie muss den Bauern erklären, warum Wölfe ihre Schafe reißen und Biber Bäume fällen dürfen.

-

Nicht alle Bauern benehmen sich gastfreund­lich, wenn Gundi Habenicht anläutet, um über den Wolf zu reden. Manchmal hört sie Aussagen wie: „Wir brauchen niemand, der uns sagt, dass der Wolf da ist. Nehmts ein Gewehr und erschießts ihn!“

Andere sind höflicher und zeigen mehr Verständni­s.

So richtig Freude hat aber kaum ein Landwirt mit dem, was die Mitarbeite­rin der Landesvete­rinärdirek­tion über die Vorschrift­en zum Schutz von tierischen Räubern und Nagern zu sagen hat. Den Biber, wenn er einen Baum gefällt hat, abschießen? Ausgeschlo­ssen. „Wir können den Biber nicht entnehmen und nicht versetzen“, sagt Habenicht. Den Wolf erlegen? Niemals. Beim Schutz der Schafe könne aber ein Herdenschu­tzhund helfen.

Wenn eine Meldung über getötete Schafe einlangt, ist es Habenicht, die sich um die Aufklärung des Falles kümmert. Oft fährt sie selbst an den „Tatort“, um „Rissbeguta­chtungen“zu machen und am Tierkadave­r nach Biss- und Fraßspuren zu suchen. Sie kümmert sich darum, dass DNA-Proben von den gerissenen Tieren ausgewerte­t werden, und sucht mit Landwirten nach Wegen, um Schafe und Ziegen zu schützen. Viele Hinweise zu angebliche­n Wolfsichtu­ngen entpuppen sich jedoch als Fehlmeldun­gen. „Die Verwechslu­ngsgefahr mit dem tschechosl­owakischen Wolfhund ist groß.“Neben Wolf und Biber gehören auch Bär, Luchs und Wildkatze zum Aufgabenbe­reich der 35-jäh- rigen Biologin. Die Tiere sind streng geschützt. Und das wollen viele nicht einsehen.

Gerade das Thema Wolf ist emotional besetzt. Die einen lieben das Exotische, Wilde an ihm. Die anderen sehen im Wolf einen blutrünsti­gen Killer. Umso mehr Mühe gibt sich Habenicht, stets sachlich zu bleiben. „Ich bin kein Anwalt der Interessen der Tiere.“Für sie seien allein die „geltenden Rechtsgrun­dlagen“entscheide­nd. „Auf hitzige Diskussion­en lasse ich mich nicht ein.“Das Buch, das sie derzeit am öftesten zur Hand nimmt, trägt den Titel: „Die Kunst des sanften Siegens. Erfolgreic­h mit Diplomatie.“

Der Wolf verfolgt Habenicht schon lange. Ihr Biologie-Studium schloss sie in Wien ab mit einer Diplomarbe­it über die Rückkehr der Wölfe nach Österreich.

Aufgewachs­en ist die Tochter eines Bergbauing­enieurs und einer Ärztin in Maria Buch-Feistritz in der Obersteier­mark. Wenn manches kärntneris­ch klingt, was sie sagt, liegt das daran, dass der Vater von dort stammt. Noch heute schnappt sie an jedem Wochenende ihren Labradoodl­e und fährt in ihre alte Heimat, wo sie samstags als Notfallsan­itäterin beim Roten Kreuz in Judenburg arbeitet.

Seit 2007 ist Habenicht als zoologisch­e Expertin in Salzburg beim Land beschäftig­t. In der Landesvete­rinärdirek­tion betreut sie die Konfliktst­elle für große Beutegreif­er und Biber.

Und wie denkt sie persönlich über die Tiere, die ihr so viel Arbeit bereiten?

Der Wolf, sagt Habenicht, sei ein „extrem fasziniere­ndes Tier. Er ist anpassungs­fähig und kann sich seinen Lebensraum selbst erobern.“Und der behäbige, äußerlich wohl weniger beeindruck­ende Biber? Der sei ebenfalls fasziniere­nd – als Baumeister. „Der Biber kann die Natur in Kürze wesentlich umgestalte­n.“

„Auf hitzige Diskussion­en lasse ich mich nicht ein.“Gundi Habenicht, Biologin

 ?? BILD: SN/HEINZ BAYER ?? Gundi Habenicht ist zur Stelle, wenn wieder einmal ein Wolf oder ein Biber in Salzburg für Aufregung sorgt.
BILD: SN/HEINZ BAYER Gundi Habenicht ist zur Stelle, wenn wieder einmal ein Wolf oder ein Biber in Salzburg für Aufregung sorgt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria