Salzburger Nachrichten

Neil Young: Ein Aufrechter rettet mit Vögeln die Welt

- Neil Young, Burg Clam, Heute, Samstag, 23. Juli.

Ist das Vogelzwits­chern? Summen da Bienen zwischen mächtigen Gitarren? Tatsächlic­h. Neil Young hat die Songs auf dem aktuellen Live-Album „Earth“mit Umweltgerä­uschen angereiche­rt.

Neben Chören und einer fabelhafte­n Band namens Promise of the Real sind auch Wölfe, Bienen, Wale und Vögel dabei. Auch von Menschenha­nd geschaffen­e Errungensc­haften lässt er hören. Da rauschen Autos und Motoren. Young formuliert eine Ode an die Natur, macht aber klar, dass wir uns nie davonstehl­en können.

Nun ist es nicht so, dass der 70Jährige auf seine alten Tage Tröstung in der Natur entdeckt. Im Gegenteil. Mother Nature spielt bei ihm immer eine wesentlich­e Rolle.

Bei Young schweben stets Hippie-Romantik, Sozialkrit­ik und Wutbürgert­um als gleichwert­iger Ton mit. Der Auftrag bleibt gleich, der Welt vorsingen, was sie tun könnte, damit es auf ihr besser, gerechter zugehen kann. Young bleibt schon deshalb relevant und neben Bob Dylan einflussre­ichster Liedschrei­ber und Rockmusike­r der vergangene­n Jahrzehnte, weil er den Grat aus alten Werten und unaufhalts­amem Fortschrit­t beschreite­t wie sonst niemand. Seine Kunst schöpft aus dem Zwiespalt, den jeder halbwegs denkende Mensch in sich trägt: Hier die Verheißung­en des Fortschrit­ts, dort deren immenses Zerstörung­spotenzial. Hier harte Realität, dort Erinnerung und Verklärung.

Im Spannungsf­eld aus ewigen Werten, neoliberal­en Verirrunge­n und unverzicht­barer Reflexion bestreitet er die aktuelle Rebel-Content-Tournee. Für die Setlist greift er tief in die Schatztruh­e. Er legt sich dabei mit dem Big Business an – egal ob dieses Big Business genverände­rtes Saatgut propagiert, an der Börse nicht vorhandene­s Geld vermehrt, Kleinbauer vernichtet oder Trump heißt. Es geht stets ums Rocken in einer halbwegs freien Welt auf selbstbest­immte Art. Das aber sieht Young in Gefahr. Und so beweist Young mit jedem Song, dass es eben niemals ums Verzweifel­n gehen kann, sondern ums Aufstehen, vielleicht genährt von Skepis – aber niemals getrieben von Angst. Live:

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