Neil Young: Ein Aufrechter rettet mit Vögeln die Welt
Ist das Vogelzwitschern? Summen da Bienen zwischen mächtigen Gitarren? Tatsächlich. Neil Young hat die Songs auf dem aktuellen Live-Album „Earth“mit Umweltgeräuschen angereichert.
Neben Chören und einer fabelhaften Band namens Promise of the Real sind auch Wölfe, Bienen, Wale und Vögel dabei. Auch von Menschenhand geschaffene Errungenschaften lässt er hören. Da rauschen Autos und Motoren. Young formuliert eine Ode an die Natur, macht aber klar, dass wir uns nie davonstehlen können.
Nun ist es nicht so, dass der 70Jährige auf seine alten Tage Tröstung in der Natur entdeckt. Im Gegenteil. Mother Nature spielt bei ihm immer eine wesentliche Rolle.
Bei Young schweben stets Hippie-Romantik, Sozialkritik und Wutbürgertum als gleichwertiger Ton mit. Der Auftrag bleibt gleich, der Welt vorsingen, was sie tun könnte, damit es auf ihr besser, gerechter zugehen kann. Young bleibt schon deshalb relevant und neben Bob Dylan einflussreichster Liedschreiber und Rockmusiker der vergangenen Jahrzehnte, weil er den Grat aus alten Werten und unaufhaltsamem Fortschritt beschreitet wie sonst niemand. Seine Kunst schöpft aus dem Zwiespalt, den jeder halbwegs denkende Mensch in sich trägt: Hier die Verheißungen des Fortschritts, dort deren immenses Zerstörungspotenzial. Hier harte Realität, dort Erinnerung und Verklärung.
Im Spannungsfeld aus ewigen Werten, neoliberalen Verirrungen und unverzichtbarer Reflexion bestreitet er die aktuelle Rebel-Content-Tournee. Für die Setlist greift er tief in die Schatztruhe. Er legt sich dabei mit dem Big Business an – egal ob dieses Big Business genverändertes Saatgut propagiert, an der Börse nicht vorhandenes Geld vermehrt, Kleinbauer vernichtet oder Trump heißt. Es geht stets ums Rocken in einer halbwegs freien Welt auf selbstbestimmte Art. Das aber sieht Young in Gefahr. Und so beweist Young mit jedem Song, dass es eben niemals ums Verzweifeln gehen kann, sondern ums Aufstehen, vielleicht genährt von Skepis – aber niemals getrieben von Angst. Live: