E-Mail-Skandal überschattet Parteitag
Gehackte E-Mails zeigen: Hillary Clinton bekam Hilfe von der Parteispitze, um ihren Gegner Bernie Sanders auszuschalten.
WASHINGTON. Donald Trumps einigermaßen verunglückter Nominierungsparteitag in Cleveland ist kaum vorüber, da kann der Präsidentschaftskandidat der Republikaner jubeln. Der Grund liegt beim Gegner. Der Parteitag der Demokraten in Philadelphia hat noch nicht richtig begonnen, da zerfleischt sich die Partei von Trumps mutmaßlicher Gegnerin Hillary Clinton bereits selbst. Erstes Opfer: Parteichefin Debbie Wasserman Schultz. Sie stolperte über eine E-Mail-Affäre, die das ganze Drama einer Medieninszenierung Marke USA mit sich bringt: Rücktritt, Dolchstöße und russische Spione.
Die Parteichefin kündigte am Sonntag ihren Rücktritt für das Ende des viertägigen Konvents in Philadelphia an. Am Montag trat sie zunächst vor die Delegierten ihres Heimatbundesstaates Florida. Kritiker winkten sarkastisch mit Schildern, auf denen „E-Mails“stand. Wasserman Schultz zeigte jedoch keine Zeichen von Reue. „Nach vorn schauen, Clinton wählen“, lautet ihr Motto. Auch von dem Plan, auf dem Parteitag noch als Rednerin aufzutreten, wollte sie sich zunächst nicht abbringen lassen.
Nur zwei Tage zuvor hatte die Plattform WikiLeaks 20.000 gehackte E-Mails der Demokraten enthüllt. Im Juni war bekannt geworden, dass wohl Hacker im Auftrag der russischen Regierung in die Computersysteme der Partei eingedrungen waren. Moskau dementierte jede Beteiligung. Die Demokraten versuchten am Montag, eine Verbindungslinie zwischen Moskau und Donald Trump zu ziehen.
Aus den E-Mails wird deutlich, dass die Parteiführung im Vorwahlkampf zwischen Clinton und ihrem parteiinternen Rivalen Bernie Sanders einseitig auf der Seite der früheren Außenministerin und First Lady gestanden ist – ein Vorwurf, den Kontrahent Bernie Sanders seit Langem erhoben hatte, den die Partei aber stets zurückgewiesen hatte. Einen Sanders-Vertrauten nannte Wasserman Schultz unverblümt einen „verdammten Lügner“. In anderen E-Mails wurde erkennbar, wie die eigene Partei Sanders wegen dessen religiöser Einstellung aufs Korn nehmen wollte.
Sanders selbst, dessen Rede am späten Montagabend auf dem Parteitag mit Spannung erwartet wurde und der die Partei in den vergangenen Monaten stetig nach links drängte, hatte Wasserman Schultz zum Rücktritt aufgefordert. Seine Anhänger machten schon am Sonntag deutlich, was den Parteitag erwarten könnte. Weit über 1000 von ihnen demonstrierten in den Straßen des brütend heißen Philadelphia. Viele beteuerten, lieber Trump als Clinton wählen zu wollen – wie ernst das auch immer gemeint sein mag.
Sie hatten einen Satz ihres Idols besonders gut in Erinnerung. „Die Parteiführung muss unparteiisch bleiben während des Nominierungsprozesses für einen Präsidentschaftskandidaten – das war 2016 nicht der Fall“, sagte Sanders in seinem Statement. Klare Worte, starker Tobak.
Sanders beeilte sich zwar, die Nominierung seiner Konkurrentin, der er viel länger als erwartet die Stirn geboten hatte, außer Frage zu stellen. „Wir werden alles tun, damit Hillary Clinton Präsidentin wird“, sagte der 74-jährige Senator aus Vermont im Sender NBC. Doch der Schaden ist angerichtet. Und die flugs als Interimslösung für Wasserman Schultz eingeflogene TVExpertin Donna Brazile orakelte bereits, es könnte noch mehr kommen. „Wir werden uns noch öfter entschuldigen müssen.“
Kein Zweifel, Hillary Clinton, geht geschwächt in ihren Nominierungsparteitag, auch wenn ihr Wahlkampfmanager Robby Mook weiter bemüht ist, ein „Signal der Einheit“zu beschwören, das von Philadelphia ausgehen werde. Dass Amtsinhaber Barack Obama am selben Tag zum Besten gab, es gebe bessere Rednerinnen als Hillary Clinton, macht die Gemengelage auch nicht günstiger.
„Die demokratische Partei ist in Auflösung begriffen“, feixte Donald Trump auf Twitter. Das mag eine Übertreibung sein, wie man sie von dem Schaumschläger aus New York inzwischen mehr als gewöhnt ist. Doch Futter für den politischen Gegner ist ein solch verunglückter Parteitagsstart allemal. Erste Umfragen sehen Trump inzwischen leicht vorn.
„Wir müssen nach vorn schauen.“Wasserman Schultz, Ex-Parteichefin