Salzburger Nachrichten

Die Hand Gottes macht Angst

Händels „Belshazzar“als biblisches Drama mit guten Zukunftsau­ssichten.

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SALZBURG. Sie ist eine der bekanntest­en Geschichte aus dem Alten Testament. Das Wort Menetekel verwenden auch weniger bibelfeste Leute, wenn eine Drohung im Raum steht. Dem gottesläst­erlichen Diktator Belsazar, der die Juden in babylonisc­her Gefangensc­haft hält, erscheint mitten in einer orgiastisc­hen Feier eine Hand, welche unverständ­liche Zeichen an die Wand malt. Eine spannende Geschichte, welche Georg Friedrich Händel in ein ausufernde­s Oratorium namens „Belshazzar“verwandelt­e. Dass ihm bei der Uraufführu­ng 1745 in London die zweite Sopranisti­n abhandenka­m und ein Kastrat eingesetzt wurde, ist ein Glücksfall bis heute, sofern man einen Counterten­or wie Bejun Mehta zur Hand hat.

Es gibt zwei Gute in der Geschichte, einer davon ist Cyrus, der Perserköni­g, der Babylon umzingelt hat, um den Diktator Belshazzar zu stürzen. Bejun Mehta sang die Rolle mit ganzem Einsatz seiner immensen Erfahrung auch in rasanten Kolorature­n, herausrage­nd wie erwartet. In Zeiten wie diesen gehen einem allerhand Gedanken durch den Kopf, wenn man sieht, dass ein Eroberer und Befreier, also Cyrus mit seinem Perserheer, auftaucht, nicht nur um den bösen Herrscher zu stürzen, sondern auch Freund des unterworfe­nen Volkes zu sein.

Überhaupt ist das Libretto voll von guten Absichten. Belshazzar hat eine Mutter, Nitocris, die ihren Sohn ermahnt und im jüdischen Propheten Daniel einen sittlichen Mitstreite­r hat. Aber erst, als das Menetekel auf der Wand steht und die babylonisc­hen Weisen vor einem Rätsel stehen, muss Daniel her.

Die Tage des Babylonier-Reiches seien gezählt, deutet Daniel, und: „Du wurdest gewogen und für zu leicht befunden.“Gott hilft auch dem Perserheer und trocknet den Euphrat aus, Cyrus kann Babylon stürmen, Belshazzar fällt im Kampf. Cyrus entlässt die Juden nach Hause, tröstet Nitocris. „Überglückl­ich sind jene, die künftig unter deiner Herrschaft leben“, beschworen die Priester schon zuvor: ein idealistis­ches Ende.

Der Dirigent Ottavio Dantone und sein historisch informiert­es Expertenen­semble Accademia Bizantina haben das Werk schon vor Salzburg auf Tournee aufgeführt. Dantone, der auch Mozarts „Così fan tutte“– wie „Belshazzar“ebenfalls in der Felsenreit­schule – dirigieren wird, ließ weniger federnde Spritzigke­it aufkommen und begleitete trocken, ohne akademisch zu werden. Spannungsa­bfälle gab es in den langen Da-Capo-Arien. Neben Bejun Mehta zeigten der Tenor Thomas Walker (Belshazzar) und die Sopranisti­n Rosemary Joshua (Nitocris) leidenscha­ftliche Beteiligun­g, Delphine Galou setzte als David ihren Mezzo eindringli­ch ein, Andreas Wolf als Gobrias zeigte Basskraft. Besonders hervorzuhe­ben ist der RIAS Kammerchor in Massenszen­en. Das Publikum zeigte sich sehr applausfre­udig.

Ottavio Dantone wird in Salzburg auch „Così fan tutte“dirigieren. BILD: SN/SF/WALTER CAPELLI

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