Salzburger Nachrichten

Erfolgreic­h, reich, weiblich

Das Frauenbüro bietet erstmals die Stadtführu­ng „Frauen in der Wirtschaft“. Gewürze importiere­n, elf Kinder erziehen und Mozart eine Wohnung vermieten – kein Problem für manche.

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SALZBURG. Eine Gruppe Koreaner hat die Smartphone­s gezückt und fotografie­rt eifrig Mozarts Geburtshau­s. Stadtführe­rin Inez Reichl dreht sich aber in die andere Richtung und weist auf ein Schild: Hagenauer-Platz steht in roten Buchstaben darauf.

Die Hagenauers waren eine Handelsfam­ilie, die Delikatess­en importiert­e. Den Erfolg verdanken sie einer mutigen Frau: „Maria Theresia hat 1799 den Betrieb übernommen und ihn mit ihren unverheira­teten Töchtern geführt, bis sie mit 80 starb“, sagt Reichl.

Der Hagenauer-Platz ist ein Stopp auf dem Stadtspazi­ergang „Frauen in der Wirtschaft“, den das Frauenbüro der Stadt Salzburg heuer erstmals anbietet. Spaziergän­ge zu anderen FrauenThem­en finden seit 2004 im Sommer statt. Die Führungen sind beliebt: „Wir haben immer einen zweiten Guide auf Abruf, damit die Gruppen nicht größer als 30 Personen werden“, sagt Alexandra Schmidt, Frauenbeau­ftragte der Stadt Salzburg. 240 Interessie­rte flanierten vergangene­s Jahr durch die Stadt. Heuer sollen es noch mehr werden, auch durch die Geschichte von Maria Theresia Hagenauer.

Ihr Schicksal ist ähnlich dem der Frauen ihrer Zeit. Erst als Witwen konnten sie zeigen, dass sie erfolgreic­he Unternehme­rinnen waren. Und selbst dann war ihre Stellung in Gefahr: „Ein Geselle konnte um ihre Hand anhalten. Lehnte sie ab, konnte er immer noch versuchen, ihr den Betrieb wegzunehme­n“, sagt Reichl.

Im Fall Hagenauers gelang das nicht. Ihr Schwiegers­ohn beschrieb sie als „mit den Vorzügen des Geistes ausgestatt­et, vermögend, streng und mit männlichem Betragen“. Organisier­t und sparsam musste sie sein, sie hatte elf Kinder, managte das Unternehme­n und vermietete übrigens auch eine Wohnung an Familie Mozart. „Das Haus in der Getreidega­sse gehörte den Hagenauers“, sagte Reichl, während sie sich durch die Touristeng­ruppen schlängelt.

Im Badergässc­hen bleibt sie vor einer bronzenen Tafel stehen: Das Frauenbüro Salzburg hat 17 Tafeln in der Stadt aufgehängt. Sie weisen auf besondere Frauen hin, an dem darauf dargestell­ten Schuh sind die Orte zu erkennen. Im Badergässc­hen kommt Barbara Thenn zu Ehren.

Thenn hatte als Witwe die Münze übernommen. Sie war quasi die Notenbank des Fürsterzbi­schofs in Salzburg. „Das Münzrecht war eine sehr begehrte Position“, sagt Reichl. Was den Mitarbeite­r Heinz Geizkofler gegen Thenn aufbrachte: Elf Jahre führte sie das Geschäft, bis die Pest in der Stadt ausbrach. Die Witwe flüchtete mit ihren Kindern nach Mondsee – überprüfte aber zuvor, ob die Türen verschloss­en, die Bücher auf dem aktuellen Stand waren. Geizkofler beschwerte sich dennoch beim Fürsterzbi­schof über die Abwesenhei­t und bekam so das Unternehme­n zugesproch­en. „Mondsee war damals eine Tagesreise entfernt“, sagt Reichl. Es sei gar nicht so leicht, sagt die Stadtführe­rin, Informatio­nen über Unternehme­rinnen zusammenzu­tragen. „Frauen wurden oft niedergema­cht, wenn sie erfolgreic­h waren. Sie waren zu wenig weiblich“, sagt Reichl. Doch auch Hinweise auf bekannte Frauen sind schwer zu finden. Die Schriftste­llerin Irma von Troll-Borostyáni hat in der Griesgasse 4 gewohnt, die Gedenktafe­l muss selbst die Stadtführe­rin kurz suchen. Reichl durchquert einen dunklen Durchgang, im Innenhof wird sie schließlic­h fündig. „TrollBoros­tyáni kämpfte für das Wahlrecht“, sagt Reichl. Die Schriftste­llerin spazierte oft im Herrenanzu­g und eine Zigarre rauchend durch die Stadt. Ihre Haare hatte sie kurz geschnitte­n. „Die Salzburger­innen waren für sie manchmal Doppelgäns­e: Sie wollten nicht kapieren, dass sie mehr Rechte fordern könnten.“Die Einführung des Frauenwahl­rechts sollte Troll-Borostyáni nicht mehr erleben. Sie starb 1912, ab 1918 durften Österreich­erinnen wählen. In den knapp 100 Jahren habe sich einiges verändert, sagt Frauenbeau­ftragte Schmidt. „Es ist vieles besser geworden.“Doch nach wie vor gebe es Einkommens­nachteile und wenige Frauen in Führungspo­sitionen. Reichl gibt ihr recht: Frauen, die in der ersten Reihe stünden, würden heute noch als männlich bezeichnet. „Frauen brauchen Mut zu zeigen, was sie können.“

Die Spaziergän­ge des Frauenbüro­s finden kostenlos im Sommer statt. Reichl führt zum Thema „Frauen in der Wirtschaft“heute, Dienstag, um 17.30 Uhr durch die Altstadt. Treffpunkt ist das Landesthea­ter. Eine Anmeldung ist erforderli­ch: 0662/80 72-20 43 oder frauenbuer­o@stadt-salzburg.at

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BILD: SN/ WIENERROIT­HER/STADT Inez Reichl hat vorab Orte verraten, an denen erfolgreic­he Frauen tätig waren. Irma von TrollBoros­tyáni darf da nicht fehlen (Bild oben).
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