Salzburger Nachrichten

Den falschen Weg eingeschla­gen

2015 kommt M. nach Österreich. Seither beschäftig­t er die Polizei.

- M. bei der Verhaftung.

SALZBURG. Die Geschichte von M. beginnt wie jene von Wahid (Bericht links). Er wird 1997 in Aleppo in Syrien geboren und wächst mit fünf Brüdern und vier Schwestern auf. Als die Kämpfe in der Stadt heftiger werden, wird er durch einen Bombenspli­tter verletzt. Dort, so wird er später bei den österreich­ischen Behörden angeben, habe ihn der IS zwei Mal aufgeschna­ppt und für ein paar Tage verhaftet. Im Oktober 2013 wird er in Damaskus aufgeforde­rt, zum Militär einzurücke­n. M. beschließt, dass er lieber flüchtet. Per Bus fährt er zur türkischen Grenze und überquert sie zu Fuß. Mit dem Bus reist er nach Bodrum, mit einem Schlepperb­oot auf die griechisch­e Insel Kos. Dort wird er erstmals von der Polizei aufgegriff­en und ist drei Tage in einem Flüchtling­slager. Er bleibt mehrere Monate am griechisch­en Festland, stellt aber keinen Asylantrag. Sein Ziel lautet Deutschlan­d. Freunde raten ihm später, dass er lieber in Österreich bleiben solle. Da sei es besser.

Vom griechisch­en Festland geht er zu Fuß nach Mazedonien und weiter nach Serbien. Mit dem Bus geht es nach Belgrad, wo er in einem Hotel einen Schlepper trifft. Er steigt auf die Ladefläche eines Lkw. Als er wieder aussteigt, ist er in Österreich. 3500 Euro bezahlt er in Summe für die Reise. Im Juli 2015 ist er in Traiskirch­en angekommen. Von dort werden die Flüchtling­e aufgeteilt auf die Bundesländ­er, so auch M. Er kommt nach Salzburg in die Grundverso­rgung. Bei den Behörden sagt er, dass er sich vorstellen könne, als Fliesenleg­er zu arbeiten. Es dauert nicht lang, bis ihn die Salzburger Polizei das erste Mal aufgreift. Er treibt sich auf dem Hauptbahnh­of herum und soll Cannabis geraucht haben.

Drei Monate später, im Februar 2016, wird er beim Ladendiebs­tahl erwischt. Es folgen Anzeigen wegen Sachbeschä­digungen, Diebstähle­n von Fahrrädern und Handys. Dienstags und freitags geht er fort, so erzählt er später der Polizei seinen Tagesablau­f. Zwei Mal in der Woche habe er Deutschkur­se in seiner Asylunterk­unft. Aber Deutsch spricht er so gut wie gar nicht. Mit einem gleichaltr­igen Syrer, der in Puch in der Asylunterk­unft untergebra­cht ist, geht er am Abend des 2. April in Puch fort. In der Bar eskaliert die Situation. M. soll laut Polizeiber­icht mit einer abgebroche­nen Bierflasch­e auf einen Gast losgegange­n sein. Mittlerwei­le wohnt er bei seinem Freund in der Asylunterk­unft in Puch. Er fährt oft mit der S-Bahn zum Hauptbahnh­of, trinkt Bier, raucht Haschisch an der Salzach. In der Zwischenze­it sind zwei seiner Brüder auch nach Österreich geflohen.

Am Abend des 9. Juli 2016 geht er mit seinem syrischen Freund zu einem Serben in die Wohnung. Sie wollen, sagt er bei der Einvernahm­e später, den Serben ausrauben. Sie fesseln ihn, fragen gewaltsam nach dem PIN-Code seiner Bankomatka­rte. Der Serbe wird später erwürgt in der Badewanne aufgefunde­n. Die beiden packen Kleidung des Opfers ein. M. verliert in der Wohnung seine Asylkarte, die die Polizei später findet. Auf Facebook stoßen die Ermittler auf sein Profil. Er posiert in der Salzburger Innenstadt nachts auf der Motorhaube lehnend vor einem Porsche. Vom Konto des toten Serben versucht der Asylbewerb­er Geld abzuheben, aber der Überziehun­gsrahmen ist zu diesem Zeitpunkt schon ausgereizt.

Weil er nicht mehr bei seinem Freund in Puch wohnen will, bittet er die Caritas, eine andere Unterkunft zu finden. Er wird nach Thalgau gebracht. In der Nacht auf den 27. Juli, um 1.50 Uhr, wird M. im Asylquarti­er in Thalgau festgenomm­en. Nun sitzt er in der Justizanst­alt Puch-Urstein. Die Staatsanwa­ltschaft bereitet die Anklage vor. Das Land kennt M.s Geschichte und auch, was bei der Integratio­n schiefgela­ufen ist, will sich zu einem „Kriminalfa­ll“vor Abschluss der Ermittlung­en aber nicht äußern.

 ?? BILD: SN/POLIZEI ??
BILD: SN/POLIZEI

Newspapers in German

Newspapers from Austria