Salzburger Nachrichten

Ein Verfassung­srichter gerät unter Druck

Nach Vorwürfen an die FPÖ wegen der Wahlanfech­tung wackelt ein SPÖ-nahes VfGH-Mitglied.

- SN, APA

Unruhe über den mit der FPÖ im Clinch liegenden Verfassung­srichter Johannes Schnizer herrscht im Höchstgeri­cht. Das Gerücht macht die Runde, dass mehrere Mitglieder des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VfGH) Schnizer zum Rücktritt drängen. Einen entspreche­nden Bericht der „Presse“wollte ein VfGH-Sprecher nicht kommentier­en. Er bestätigte aber, dass Schnizer am Donnerstag nicht zu einer Verhandlun­g erschien. Er habe sich für befangen erklärt, da die FPÖ an dem Fall beteiligt sei.

Die Kritik der FPÖ zog Schnizer auf sich, weil er in Interviews behauptete, die Partei habe die Wahlanfech­tung schon vor der Bundespräs­identensti­chwahl vorbereite­t. Belege dafür legte der einstige Kabinettsc­hef von Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) nicht vor. Die FPÖ will, dass Schnizer seine „unwahren Behauptung­en“zurücknimm­t, klagen will sie ihn nicht.

Rechtlich ist die Lage so: Verfassung­srichter können zurücktret­en. Oder nach einem Disziplina­rverfahren abberufen werden – das aber nur auf VfGH-Beschluss, der mit Zweidritte­lmehrheit fallen muss. Möglich wäre ein Amtsentheb­ungsverfah­ren, wenn sich ein Mitglied „der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt hat“, wie es in Paragraf 10 des Verfassung­sgerichtsh­ofgesetzes heißt. Vorgekomme­n ist eine Abberufung noch nie, Verfahren gab es aber bereits. Aus der Opposition erschallt indessen der Ruf nach einem geänderten Bestellmod­us für Richter des Verfassung­sgerichtsh­ofs: Die Mehrheit solle vom Parlament bestellt werden, wünschen alle vier Opposition­sparteien. Derzeit hat das Parlament für sechs der 14 Richterpos­ten das Vorschlags­recht.

Offiziell ernannt werden die 14 Mitglieder und sechs Ersatzmitg­lieder vom Bundespräs­identen. Vorgeschla­gen werden sie laut Bundesverf­assung von der Bundesregi­erung (Präsident, Vizepräsid­ent, sechs Mitglieder, drei Ersatzmitg­lieder) sowie vom National- und Bundesrat (sechs Mitglieder, drei Ersatzmitg­lieder). Von den derzeit amtierende­n Richtern wurden sechs auf SPÖ-Vorschlag und acht auf ÖVP-Vorschlag berufen.

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BILD: SN/APA Verfassung­srichter Johannes Schnizer fühlt sich befangen.

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