Salzburger Nachrichten

Erst kommt das Geld, dann die Moral Das muss die FPÖ dem „Kleinen Mann“erst einmal erklären.

Soll es für eine einzige Abgeordnet­e 900.000 Euro Parteiförd­erung geben? Der Verstand sagt Nein. Die Moral sagt auch Nein. Die FPÖ sagt Ja. Seltsam.

- Sylvia Wörgetter

Demokratie darf Geld kosten. Und weil Österreich eine Parteiende­mokratie ist, sollen auch die Parteien Geld erhalten. Es ist allemal besser und transparen­ter, der Steuerzahl­er alimentier­t die politische­n Interessen­vertretung­en als finanzstar­ke Spender. Zu groß ist die Gefahr, dass die Gönner Gegenleist­ungen erwarten und Politiker diese gewähren.

Dies sei vorausgesc­hickt. Es folgt ein großes Aber: Ist es gerechtfer­tigt, dass eine Fraktion, die nur noch aus einer Abgeordnet­en besteht, fast 900.000 Euro Förderung pro Jahr erhält?

Der Hausversta­nd sagt Nein. Das moralische Empfinden sagt ebenfalls Nein.

Die FPÖ sagt Ja. Und bestätigt damit, dass – frei nach Bert Brecht – zuerst das Geld kommt und dann erst die Moral. Bei besagter Eine-Frau-Fraktion handelt es sich um die FPÖ-Abgeordnet­e Marlies Steiner-Wieser. Sie ist die einzige Mandatarin, die der FPÖ im Landtag geblieben ist. Die anderen fünf Abgeordnet­en, die 2013 auf der FPÖ-Liste kandidiert haben, gehören jetzt der FPS von Karl Schnell an. Sie wurden von Heinz-Christian Strache aus der FPÖ ausgeschlo­ssen oder sind selbst gegangen.

Was kann der Steuerzahl­er dafür, dass sich das freiheitli­che Lager in Salzburg aus eigenem Verschulde­n gespalten hat? Nichts.

Was also spricht dafür, dass die FPÖ für eine Abgeordnet­e genauso viel Parteiförd­erung bekommt wie für eine sechsköpfi­ge Fraktion? Nichts – außer dem geltenden Förderungs­gesetz.

Es stammt noch aus einer Zeit, in der Parteispal­tungen und Parteiüber­tritte so gut wie nie vorkamen. Heute sieht die Sache bekanntlic­h anders aus. Also muss das Gesetz, das nicht mehr zur Realität passt, geändert werden. Und zwar so schnell wie möglich, weil jede Verzögerun­g den Steuerzahl­er viel Geld kostet. Demnächst wird eine Mehrheit aus ÖVP, Grünen, SPÖ und FPS die Gesetzesno­velle beschließe­n. Gelten soll sie dann schon für das Jahr 2017.

Die FPÖ würde durch die Novelle fast 650.000 Euro im Jahr verlieren. Das Team Stronach, das im Landtag nur noch aus Helmut Naderer besteht, ist neben Schnells FPS ebenfalls Ver-

lierer der Reform. Es erhält derzeit noch die Förderung für drei Abgeordnet­e. Das ist eine halbe Million Euro pro Jahr. Künftig bekommt das Team Stronach ebenso wie die FPÖ „nur“noch rund 247.000 Euro.

Vor allem die FPÖ schäumt wegen der Kürzung. Und hofft, dass die Novelle verfassung­srechtlich nicht halten wird, weil während der laufenden Legislatur­periode die Spielregel­n geändert werden. Vielleicht behält sie mit dieser Argumentat­ion formaljuri­stisch recht. Realpoliti­sch und moralisch aber befindet sie sich im Unrecht.

Ausgerechn­et die Partei, die sich als Vertreteri­n des „Kleinen Mannes“sieht, kämpft verbissen um Hunderttau­sende Euro für Abgeordnet­e, die sie gar nicht mehr hat. Das muss sie dem „Kleinen Mann“erst erklären, warum der für Phantomabg­eordnete zahlen soll.

Bei dem Streit um die Parteiförd­erung geht es natürlich auch um die Voraussetz­ungen für die Landtagswa­hl 2018. Wenn in der blauen Kriegskass­e Ebbe herrscht, kann das den anderen Parteien nur recht sein. Dieser Gedanke wird ihnen den Beschluss der Novelle sicherlich leichter machen. Das ist aber egal, solange sie das Richtige tun: Sie sparen rund eine Million Euro jährlich an Steuergeld. Eine Million, die in wichtigere Dinge fließen kann als beispielsw­eise in Pfefferspr­ay.

Warum Pfefferspr­ay? Weil Fraktionen, die nur aus einer Person bestehen, dank bisheriger Parteiförd­erung so viel Geld zur Verfügung haben, dass sie gar nicht wissen, wohin damit. Helmut Naderer zum Beispiel hat massenweis­e Pfefferspr­ay gekauft und als Werbegesch­enk verteilt. Und das kann nun wirklich nicht der Sinn der Parteiförd­erung sein.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Die Venus vom Chiemseeho­f . . .
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