Salzburger Nachrichten

Neue Jobs nutzten heimischen Arbeitnehm­ern wenig

Die Zahl der EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, ist genauso stark gestiegen wie die Zahl der Arbeitsplä­tze, die die Wirtschaft seit 2008 schuf. Eine neue Förderung soll gegensteue­rn.

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Um bis zu drei Milliarden Euro will die Regierung in den kommenden Jahren Betriebe entlasten, die neue Arbeitsplä­tze schaffen. Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) hat das Konzept für den Beschäftig­ungsbonus an den Koalitions­partner ÖVP übermittel­t. Vorgesehen ist, dass der Staat die halben Lohnnebenk­osten für neu geschaffen­e Arbeitsplä­tze fördert.

Es gibt allerdings einige Einschränk­ungen. So wird die Förderung nicht bezahlt, wenn ein Arbeitnehm­er aus einem anderen EULand nach Österreich kommt, um einen neu geschaffen­en Job zu besetzen. Kern begründet dies mit der Entwicklun­g des heimischen Arbeitsmar­kts seit dem Jahr 2008. Seit damals hat die österreich­ische Wirtschaft 198.255 neue Arbeits- plätze geschaffen. Trotzdem ist die Arbeitslos­igkeit gestiegen. Wohl auch, weil im selben Zeitraum 198.721 EU-Ausländer zusätzlich in Österreich eine Beschäftig­ung fanden. Es gelte „daher eine weitere Ausweitung des Arbeitskrä­fteangebot­s durch Migration zu dämpfen“, heißt es im Konzept des Bundeskanz­leramts. Die ÖVP will den Plan nun prüfen und drängt, so wie die Wirtschaft­skammer, darauf, dass die neuen Regeln so unbürokrat­isch wie möglich sind. Fraglich ist, ob eine alleinige Förderung von heimischen Arbeitnehm­ern – darunter fallen auch Ausländer, die schon lang in Österreich arbeiten – EUkonform ist. Die Experten sind sich uneinig. Im Bundeskanz­leramt ist man überzeugt, dass es keine Probleme geben wird.

WIEN. Die Arbeitslos­igkeit in Österreich muss sinken. Das hat sich die Bundesregi­erung zum Ziel gesetzt. Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) will dies unter anderem durch die Einführung eines Beschäftig­ungsbonus erreichen. Firmen, die neue Arbeitsplä­tze schaffen, soll für drei Jahre die Hälfte der Lohnnebenk­osten erlassen werden. Kern will, dass das Geld nur für inländisch­e und ausländisc­he Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er bezahlt wird, die beim AMS als arbeitslos gemeldet sind, Abgänger einer österreich­ischen Ausbildung­seinrichtu­ng sind oder bereits in Österreich beschäftig­t sind. Auf keinen Fall werden die Lohnnebenk­osten gefördert, wenn ein ausländisc­her Arbeitnehm­er einen Job in Österreich annehmen will. Ein entspreche­ndes Konzept hat der Bundeskanz­ler nun an die ÖVP übermittel­t, nachdem es in den vergangene­n Tagen zu heftigen Meinungsve­rschiedenh­eiten gekommen war (die SN berichtete­n).

Kern begründet seine Vorstellun­gen mit den steigenden Arbeitslos­enzahlen, die auch durch den Zuzug aus dem EU-Ausland zustande kommen. Ein Blick in die Statistik verdeutlic­ht das Problem: So gab es in Österreich im Jahr 2008 insgesamt 3.388.617 unselbstst­ändig Beschäftig­te, im Jahr 2016 waren es 3.586.772, ein Zuwachs von 198.255 Personen (plus 5,9 Prozent). Der Großteil der neuen Jobs wurde von Arbeitnehm­ern aus anderen EULändern besetzt. Deren Zahl nahm von 185.969 (2008) auf 384.690 (2016) zu. Rein statistisc­h haben Zuwanderer aus anderen EU-Staaten alle neuen Arbeitsplä­tze besetzt.

Im gleichen Zeitraum ist die Arbeitslos­igkeit erheblich gestiegen und zwar von 212.253 auf 357.313. Bei Österreich­ern nahm sie um 81.525 Personen zu, bei EU-Bürgern um 27.433 und bei Nicht-EU-Ausländern um 35.996.

Wobei die Zahlen noch nichts darüber aussagen, warum die neuen Arbeitsplä­tze durch Nicht-Österreich­er besetzt wurden. Möglichkei­ten gibt es viele: So könnten die Unternehme­n etwa keine entspreche­nden heimischen Arbeitskrä­fte gefunden haben. Oder aber: Betriebe ersetzten schlicht teurere Arbeitskrä­fte durch billigere.

Der Druck auf den Arbeitsmar­kt kommt aber nicht nur durch die Zuwanderer zustande, sondern auch durch die sogenannte­n Entsendung­en. Darauf weist man im Sozialmini­sterium hin. So gab es in Österreich 2016 rund 180.000 Arbeitnehm­er, die von ausländisc­hen Firmen hierherges­chickt wurden. Das Problem: Die Betriebe sind zwar verpflicht­et, ihnen den Lohn zu zahlen, der in Österreich üblich ist. Anders sieht es aber bei den Sozialvers­icherungsb­eiträgen aus. Diese werden nach den Regeln der Heimatländ­er der Betriebe berechnet. Da diese meist niedriger sind als in Österreich, haben diese ausländisc­hen Firmen bei Ausschreib­ungen einen Vorteil im Vergleich zu heimischen Betrieben. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er will den Vorschlag des Kanzlers, der eine Bevorzugun­g österreich­ischer Arbeitskrä­fte beim Beschäftig­ungsbonus zum Ziel hat, nun „prüfen“. „Wir wollen nach wie vor ein möglichst unbürokrat­isches Modell, das Unternehme­n entlastet und zur Schaffung von zusätzlich­en Arbeitsplä­tzen im Land motiviert“, sagte er.

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BILD: SN/APA/HERBERT NEUBAUER Der Weg in die Arbeitslos­igkeit muss keine Einbahnstr­aße sein.

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