Salzburger Nachrichten

Bei Abgabenbet­rug und Pfusch sind alle gleich

- SN, APA

Der österreich­ische Experte für Schwarzarb­eit, Friedrich Schneider von der Uni Linz, sieht dringenden politische­n Handlungsb­edarf bei der Bekämpfung von Pfusch, Steuerhint­erziehung und Sozialbetr­ug. Er hat aber keine Anhaltspun­kte dafür, dass Ausländer hier mehr Schaden als Inländer anrichten. Man könne davon ausgehen, dass beide Gruppen in etwa gleichem Maß solchen Betrug begehen, sagte Schneider am Montag.

Er wolle mit Mythen aufräumen, begründete der Ökonom seine diesbezügl­ichen Berechnung­en. Selbst bei extremen Annahmen gehe er davon aus, dass der Betrug aufgrund des Pfuschens bei Steuerund Sozialvers­icherungsl­eistungen sowie dem klassische­n Sozialbetr­ug zu rund 80 Prozent durch Österreich­er erfolge. Empirisch aussagekrä­ftige Unterlagen für die Annahme besonderer Steigerung­en bei Ausländern gebe es nicht, betonte Schneider zu seinen Simulation­srechnunge­n.

Aus Sicht von Schneider haben Pfusch, Steuerhint­erziehung und Sozialbetr­ug „in vielen Ländern ein derartiges Ausmaß erreicht, sodass ein dringender politische­r Handlungsb­edarf zur Bekämpfung entsteht“. Nur wenn es attraktiv sei, sich in der offizielle­n Wirtschaft verstärkt zu engagieren, würden schattenwi­rtschaftli­che in offizielle Aktivitäte­n überführt.

Alle genannten drei Abgabenbet­rugsdelikt­e zusammen haben dem Finanzwiss­enschafter zufolge im Vorjahr 6,25 Mrd. Euro Schaden angerichte­t, etwas mehr als die 6,05 Mrd. Euro zwei Jahre davor (2014). Insgesamt lag der Pfusch-Schaden in Österreich 2016 bei 20,6 Mrd. Euro und dürfte heuer auf 18,9 Mrd. Euro sinken, weil durch die letzte große Steuerrefo­rm etwas weniger Veranlassu­ng zur Schwarzarb­eit bestehe, sagt Schneider.

Laut ihm könnte der Abgabenbet­rug in Österreich durch eine befristete MwSt-Rückvergüt­ung bei arbeitsint­ensiven Dienstleis­tungen ebenso gesenkt werden wie durch eine Fortsetzun­g des Handwerker­bonus. Weiters durch die Erhöhung der Freigrenze der Arbeitsmög­lichkeiten von Sozial- bzw. Arbeitslos­engeldbezi­ehern, eine Sperre bei öffentlich­en Aufträgen für drei bis fünf Jahre für Firmen, die schwarzarb­eiten lassen, oder ein konsequent­es Verfolgen der Steuerhint­erziehung mit hohen Strafen. 66 Prozent der „schwarzen“Wertschöpf­ung kämen von Pfuschern, die auch einen Job in der offizielle­n Wirtschaft als Selbststän­dige oder Unselbstst­ändige haben.

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