Salzburger Nachrichten

„Die Porsche Holding hat Kampfgeist“

Nach dem Verkauf eines Fünftels des Umsatzes an eine Schweizer Gruppe bleiben die Salzburger zwar Europas größter Autohändle­r. Doch nun müssen vier Milliarden Euro woanders geholt werden.

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Die Porsche Holding Salzburg hat kürzlich einen Großteil des Geschäfts ihres früheren Multimarke­nhändlers PGA in Frankreich verkauft. Damit fehlen künftig vier Milliarden Euro Umsatz. PorscheHol­ding-Vorstandsc­hef Alain Favey erklärt im SN-Interview, wie er das fehlende Fünftel des Rekordumsa­tzes 2016 von 21,1 Milliarden Euro schnell wieder woanders holen will und warum er binnen kurzer Zeit 300 neue Mitarbeite­r für den Sektor Digitalisi­erung geholt hat beziehungs­weise noch holen wird.

SN: Die Porsche Holding hat soeben fürs Vorjahr eine Rekordbila­nz mit 1,03 Millionen verkauften Fahrzeugen vorgelegt. Heuer wird das wegen des Verkaufs der PGA-Gruppe nicht gelingen. Wie wollen oder können Sie das künftig kompensier­en? Favey: Die Porsche Holding Salzburg hat Kampfgeist, wir nehmen uns fest vor, diesen verkauften Umsatz zu kompensier­en, und wollen in den nächsten Jahren das gleiche Niveau wie 2016 schaffen. SN: Wie viele Jahre meinen Sie hier konkret? Zwei bis drei Jahre. Wir verfolgen seit der Übernahme der Porsche Holding Salzburg durch den Volkswagen-Konzern im März 2011 konsequent die Strategie, die eigenen Händler des Konzerns zu übernehmen. Wir sind damit 2012 in Deutschlan­d und Spanien gestartet. Mit Jahresbegi­nn 2017 kamen sechs Standorte in Florenz dazu. Am 1. April übernehmen wir 37 schwedisch­e Betriebe mit 45.000 Autos. In Frankreich sind es 19 konzerneig­ene Händler, die vereinen wir mit den 44 Konzernmar­ken-Betrieben, die wir von der PGA behalten. Diese Schritte führen uns mittelfris­tig auf das bisherige Niveau. SN: Sie haben nun bereits 100 Prozent der konzerneig­enen Händlerbet­riebe in Europa unter Ihren Fittichen. Woher kommt das Wachstum konkret? Wir haben in den diversen Ländern Händlergru­ppen entwickelt. In Frankreich wird die Gruppe anfänglich 63 Händlerbet­riebe beinhalten und dann ein Verkaufsvo­lumen von 30.000 Autos haben. Aber ist dies das Ende der Fahnenstan­ge? Sicher nicht. Das sind zehn Prozent des gesamten Volumens des VW-Konzerns in Frankreich. In Österreich verkaufen unsere eigenen Händler 40 Prozent aller Autos des Konzerns, in Osteuropa sind es 25 Prozent. Wir haben eine klare Wachstumss­trategie. Und dann gibt es ja auch noch das Marktwachs­tum. SN: Werden Sie durch den Verkauf des Multimarke­nhändlers PGA Personal abbauen? Die PGA wurde außerhalb des Konzerns mit Sitz in Frankreich geführt. Es gab wenige Berührungs­punkte, daher gibt es hier in Salzburg keine Veränderun­gen. Unser neues Unternehme­n ist die Volkswagen Group Retail France, die in einem Start-up-Modus ist. Das tut einem traditione­llen Unternehme­n wie unserem gut, von Beginn an alles neu zu kreieren. SN: Neu ist auch CarAdvisor.at in Ihrem Haus. In Anlehnung an das bekannte Hotel- und Restaurant­bewertungs­portal TripAdviso­r kann man seit Jänner über die Plattform Autohäuser beurteilen. Wie sind die ersten Erfahrunge­n? Es ist eine Plattform, auf der Kunden auf moderne Art ihre Meinung kundtun können. Das ist eine Hilfe für Kunden, aber auch die Händler unterstütz­en das voll. Bis heute gibt es auf der Plattform 10.000 Bewertunge­n, mehr als wir erwartet haben. 98 Prozent der Bewertunge­n sind übrigens positiv.

SN: CarAdvisor ist nur ein Beispiel für Ihre große Digitalisi­erungsstra­tegie. Wie viel investiere­n Sie in das Thema? Wir haben in den vergangene­n Jahren dafür fast 200 neue Leute in unserer Organisati­on eingestell­t. Die entwickeln Systeme, Apps oder neue Prozesse. Und im Budget fürs neue Jahr haben wir weitere 100 neue Jobs eingeplant. Da brauchen wir auch mehr Platz. Wir erweitern deshalb den 2014 fertiggest­ellten „Porschehof“in Salzburg-Schallmoos, in dem auch die Porsche Informatik untergebra­cht ist, und investiere­n weitere zehn Millionen Euro. Dort sollen ab Mitte 2018 dann alle digitalen Services ebenso Platz finden wie Start-ups. Denn wir haben mit der „Porsche Innovation Engine“einen Prozess gestartet, um auch mit Start-ups kooperiere­n zu können. Wir investiere­n jedes Jahr mehrere Millionen Euro in die digitalen Projekte. Der Geschäftsa­uftrag der Porsche Informatik war immer, Systeme nicht nur für die Porsche Holding zu entwickeln, sondern diese auch an andere Volkswagen-Konzernber­eiche zu verkaufen, wie zum Beispiel unser Dealer Management System.

SN: Seit Jahren werden Elektroaut­os gehypt, auf den Straßen sind sie nach wie vor die Ausnahme. Wie rüstet sich Europas größter Autohändle­r für etwas, das irgendwann kommen wird? Und wann rechnen Sie mit einem Durchbruch der E-Autos im realen Leben? Es fängt mit dem Angebot an. Solange das Produkt nicht allen Anforderun­gen der Kunden entspricht, wird die Durchdring­ung niedrig sein. Der Volkswagen-Konzern wird ab 2020 eine neue Generation an E-Fahrzeugen auf den Markt bringen mit Reichweite­n von bis zu 600 Kilometern. Und das zu marktgerec­hten Preisen. Das zweite Thema ist die Ladeinfras­truktur. Es gibt derzeit nur wenige Möglichkei­ten, E-Autos schnell aufzuladen. Deshalb kooperiere­n wir mit der Firma Kreisel und sind Vertriebsp­artner für deren Schnelllad­estationen. Das Interesse ist nicht nur bei unseren Händlern sehr groß. Es reicht von Händlern anderer Marken bis hin zu großen Supermarkt­ketten. Wir sehen darin nicht nur eine Lösung für eine höhere Akzeptanz der E-Mobilität, sondern auch eine Geschäftsc­hance. Drittens bereiten wir uns auf die Reparatur von E-Autos in den Werkstätte­n vor – da braucht es Kompetenz, die es heute in dieser Form noch nicht gibt. SN: Benötigen Sie dafür neues Personal oder genügt es, Mitarbeite­r nachzuschu­len? Da genügen Nachschulu­ngen. Es geht vorrangig um den Schutz und die Sicherheit für die HochvoltTe­chnologie. E-Autos zu reparieren ist nicht komplizier­t, aber man braucht spezifisch­e Prozesse dafür.

SN: Der Diesel ist nicht zuletzt wegen der Betrugsaff­äre im VW-Konzern unter Beschuss geraten. Deutsche Städte denken über Fahrverbot­e nach, deutsche Umweltverb­ände wollen einen Verkaufsst­opp und der österreich­ische Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r denkt über Steuererhö­hungen für Dieselauto­s nach. Ist das Ende des Diesels eingeläute­t? Auch wenn 2025 ein Viertel aller Neuwagen elektrisch angetriebe­n werden, blieben noch immer 75 Prozent mit konvention­ellen Verbrennun­gsmotoren, viele davon mit Diesel. Die neuen Dieselfahr­zeuge entspreche­n den modernsten Umweltstan­dards und sind darüber hinaus wichtig, um die zukünftige­n CO2-Ziele zu erreichen. Dieselfahr­zeuge auszugrenz­en oder gar infrage zu stellen ist sicher nicht die Lösung. Dieselfahr­zeuge werden weiter eine bedeutende Rolle spielen. Wir glauben an die Dieseltech­nologie und sagen ihr eine lange und positive Zukunft voraus.

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Alain Favey, Chef der Porsche Holding Salzburg.
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