Der Blick ins ganz Private
Ob im Keller oder am Dachboden: Die Schatzsuche ist eröffnet. Gestöbert wird nach privatem Filmmaterial aus Salzburg – um es gratis zu digitalisieren.
Ulrike Kendlbacher weiß ganz genau, was am Ende passieren wird: „Wir veranstalten ein Familienfest. Und alle werden sich wahnsinnig freuen, wenn wir die alten Aufnahmen endlich wieder anschauen können.“
Der Großvater und der Vater der Seekirchnerin hatten bei Ausflügen meist eine 8-mm-Schmalfilmkamera dabei. Es entstanden zahllose Aufnahmen, die nicht nur privat reizvoll, sondern mittlerweile auch von zeithistorischem Wert sind.
Irgendwann aber gab der Filmprojektor den Geist auf. Die Aufnahmen konnten nicht mehr angesehen werden. Erinnerungen verblassten. „Meine Mutter hat die Filme in eine Schachtel zusammengepackt und in einem Kasten gelagert.“Am Mittwoch war Ulrike Kendlbacher dann die Erste, die von einer spannenden Möglichkeit Gebrauch machte.
Sie übergab all die auf Zelluloid gebannten Erinnerungen an Ernst Kieninger. Der ist Geschäftsführer des Filmarchivs Austria. Gemeinsam mit dem Land, der Salzburg 20.16 Gesellschaft und dem Filmarchiv Austria wird nun ein großes Abenteuer angegangen. Salzburgs Bevölkerung ist aufgerufen, altes, analoges Filmmaterial bei einer von insgesamt 60 Abgabestellen zu hinterlegen. Möglich ist das vor allem in öffentlichen Bibliotheken. Auch die sind mit im Boot.
250 ehrenamtliche Mitarbeiter bekamen eine eigene Schulung.
Kieninger: „Wichtig: Vor Abgabe unter der Gratis-Hotline 0800-240-240 oder der E-MailAdresse SALZBURG@FILMARCHIV.AT unbedingt einen Termin ausmachen.“Das Filmarchiv wird in Folge das alte, analoge Material auf DVDs übertragen, also digitalisieren. „Wir arbeiten rund um die Uhr, im Schichtbetrieb“, verspricht Kieninger. In digitalisierter Form wird die Welt von gestern dann auf Computerlaufwerken oder in DVD-Playern wieder sichtbar. Entstehen soll mit dem Material, nach Vorbild von Wikipedia, eine digitale Salzburger Online-Chronik. Das Prozedere: Mit Rücksendung der DVD werden die Filmbesitzer eingeladen, einen Fragebogen mit genauen örtlichen und inhaltlichen Angaben zu den Filmen auszufüllen. Wenn gewisse Sequenzen nicht im digitalen Archiv erscheinen sollen, erfolgt deren Löschung.
Im Burgenland und in Niederösterreich läuft das Projekt seit 2012. 75.000 Filme sammelten sich bereits an. In Salzburg wird die Umsetzung durch die Ressorts von Landesrätin Martina Berthold und Landesrat Heinrich Schellhorn unterstützt. Die Kosten von 260.000 Euro teilen sich das Land und das Filmarchiv.
Schellhorn: „Ja, es ist viel Geld. Aber wir bekommen einen vielfachen Wert zurück.“Möglich ist auch, nach Erhalt der DVD das Originalmaterial dauerhaft unter optimalen Bedingungen im Filmarchiv einlagern zu lassen. Gratis.
„Wir arbeiten bei der Gratis-Digitalisierung im Schichtbetrieb.“Ernst Kieninger, Filmarchiv Austria