Bitcoins und Tulpenzwiebeln – was sie verbindet, und was nicht
Mit Bitcoins haben mutige Anleger gut verdient. Ob sie als Währung taugen, der Menschen vertrauen, ist noch nicht entschieden.
Wenn es um Betrug geht, kennt er sich aus – Jamie Dimon, Chef des einflussreichen Geldhauses JPMorgan Chase. 2013 musste die Bank 13 Mrd. Dollar Strafe für dubiose Hypothekengeschäfte zahlen, die als Ursache für die Finanzkrise galten. Schon 2012 musste Dimon zugeben, dass ein Händler in der Londoner Filiale der Bank mit betrügerischen Wetten sechs Mrd. Dollar Verlust eingebrockt hatte. Betrügen und betrogen werden – JPMorgan kennt beide Seiten der Medaille. Das verleiht Dimons Urteil über den Hype der Kryptowährungen Gewicht.
„Bitcoin ist ein einziger Betrug“, sagte er dieser Tage bei einer Konferenz, die Sache werde böse zu Ende gehen. Bitcoins seien „schlimmer als Tulpenzwiebeln“. Das traf die Fangemeinde von Bitcoin & Co. ins Herz. Die kann mit Kritik schwer umgehen, Zweiflern wirft man vor, sie verstünden das Konzept der digitalen Währungen nicht. Doch die Tatsache, dass sich der Preis für Bitcoins in Dollar in den ersten neun Monaten des Jahres fast verfünffacht hat, aber allein im September mehr als 20 Prozent einbüßte, sorgt zunehmend für Nervosität. Und verleitet zu Vergleichen mit früheren Spekulationsblasen – allen voran der Tulpenmanie in den Niederlanden des frühen 17. Jahrhunderts.
Der Vergleich trifft nur bedingt zu, wenn wir kurz darauf zurückblenden, was sich in den 1630er-Jahren abspielte. Dass Tulpenzwiebeln zum Objekt der Begierde werden konnten, hatte mit der Vorliebe reicher Holländer für Gärten zu tun. Tulpen wurden zum Statussymbol, für ungewöhnliche Arten wurden Fantasiepreise gezahlt, an der Spitze die „Semper Augustus“. Gehandelt wurde nicht an der Börse in Amsterdam, sondern in Wirtshäusern und Bierschenken. Das Fieber der Spekulation, das raschen Reichtum verhieß, trieb die Preise in schwindelnde Höhen. Bis irgendjemandem dämmerte, dass es nur um Blumenzwiebeln ging. Als sich 1637 bei einer Auktion in Harlem keine Käufer mehr fanden, platzte die Blase.
Anders als Tulpenzwiebeln, die für sich genommen wertlos sind, kann man Bitcoins für reale Transaktionen einsetzen. Aber wie einst die Tulpen werden auch Bitcoins auf privaten Plattformen gehandelt, was sich dort abspielt, ist für Anleger wenig transparent. Wer in Bitcoins investierte, hat gut verdient, sie waren also eine rentable, wenn auch höchst riskante Geldanlage. Aber sie sind keine Währung. Man kann mit Bitcoins digital zahlen, aber sie sind im Wert nicht stabil – der Kern einer soliden Währung. Wenn Bitcoins eine Währung sein sollen, muss nachvollziehbar sein, wer sie kontrolliert. Ansonsten bleibt Kryptowährung eine Worthülse, mit der man Menschen vorgaukelt, sie könnte irgendwann gleichrangig neben Dollar, Euro, Pfund, Franken oder Yen stehen.
Bis dahin bleiben Bitcoin & Co. ein Spekulationsobjekt, anfällig für Betrügereien und allein abhängig vom Vertrauen in dahinterstehende Computeralgorithmen. Der Kapitalismus treibt – wie die Tulpenmanie zeigt – oft seltsame Blüten. Ob Bitcoins dasselbe Schicksal erleiden, liegt in den Händen der Erfinder.