Multiple Sklerose kommt aus dem Darm
Genetisch veränderte Mäuse liefern ersten Hinweis, dass menschliche Darmbakterien Multiple Sklerose auslösen können.
Multiple Sklerose, bekannt auch unter der Abkürzung MS, ist die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems beim Menschen. Auslöser für die Krankheit sind – eine entsprechende genetische Veranlagung vorausgesetzt – offenbar bestimmte Darmbakterien, oder eine bestimmte Kombination davon. Das bestätigen jetzt deutsche Immunologen vom MaxPlanck-Institut in Martinsried.
Bei Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose greifen fehlgeleitete Zellen des Immunsystems körpereigene Zellen im Gehirn und Rückenmark an. Der von solchen T-Zellen ausgelöste Angriff schädigt Nervenzellen und führt zum Abbau ihrer Hüllschicht. Zellen sterben ab und Nervenreize werden nicht mehr korrekt weitergegeben.
Potenziell autoaggressive T-Zellen hat jeder Mensch, doch sind diese Zellen in der Regel lebenslang im „Schlafzustand“. Bei manchen Menschen wird jedoch das pathogene Potenzial dieser Zellen geweckt. Es kommt zum Ausbruch der MS.
Den Grund für diese Aktivierung vermuten Wissenschafter in einer Kombination aus Genetik und Umweltfaktoren. „Wir kennen mittlerweile mehr als 200 Gene, die den Menschen für eine MS-Erkrankung empfänglich machen“, erklärt Neurobiologe Hartmut Wekerle. „Damit es zum Ausbruch kommt, braucht es jedoch einen Auslöser, der bisher im Umfeld von Infektionen gesucht wurde.“Der Auslöser aber ist offen- bar in der natürlichen Darmflora zu suchen. Die Forscher zeigten in ihren Studien an Mäusen, dass Mikroorganismen diese T-Zellen aktivieren können. Die Mäuse wiesen eine der menschlichen Erkrankung ähnliche Entzündung im Gehirn auf.
Es ist äußerst schwierig, die richtige Gruppe an krankheitsauslösenden Darmbakterien einzukreisen. Daher verglich man die Darmflora eineiiger Zwillingspaare, von denen einer MS erkrankt war. Das ist ein Hinweis dafür, dass bei der MS-Entstehung andere als nur genetische Faktoren wirksam sind. Eine Therapie ist leider noch nicht in Sicht. Der Mediziner sagt, dass sich die Untersuchungen sicher über Jahre hinwegziehen werden, bis man eine sichere Diagnose und eine passende Therapie gefunden habe.