Ein Tag zum Abheben
Die Ski amadé setzt auf Erlebnisdichte und Inszenierung. Mit 13 buchbaren Tagespaketen positioniert man sich als Ski-Erlebniswelt. Die SN probierten es im Gasteiner Tal aus. Ein Tag, volles Erlebnis
GASTEINER TAL. Der Wind kennt kein Erbarmen. Eisig und forsch umweht er die Nase, die Schneeflocken stürmen im Schrägflug vorbei. Hoch konzentriert strebt das Menschengrüppchen im Gänsemarsch dem Gipfelkreuz entgegen. „Ich bin echt stolz, dass ihr das alle geschafft habt“, wird Gastein-Testimonial und Profi-Freeriderin Sandra Lahnsteiner später sagen.
Dabei dauerte der frühmorgendliche Aufstieg von der Bergstation bis zum Gipfel kaum 15 Minuten. Doch auf dem Kreuzkogel in Sportgastein ist der kleine Mensch den Kräften der Natur ungeschützt ausgesetzt. Die Spitze auf 2686 Metern Seehöhe ist das „Dach“der Bergwelt im Skiverbund der Ski amadé. Würde es das Wetter zulassen, man würde jetzt auf Großglockner, Sonnblick, Hocharn und Schareck sowie das Dachstein-Massiv blicken – und sich auf Talabfahrten im Tiefschnee mit 1000 Höhenmetern freuen.
„Für Freerider ist Sportgastein unser Arlberg“, sagt Ski-amadé -Geschäftsführer Christoph Eisinger. Nicht umsonst lautet der Titel des Wintererlebnistags dort „Abheben“, und das in mehrfacher Hinsicht. Mit Gipfelfrühstück, Freeride, Flying-Fox-Fahrt und abschließender Gin-Verkostung bleibt man an diesem Tag nur selten am Boden.
Insgesamt 13 Tagespakete haben die Skigebiete der Ski amadé – von Mühlbach am Hochkönig bis hinein nach Schladming – geschnürt. Mit dem Slogan „Ski amadé – made my day“. So kann man im Gasteiner Tal auch „Aufladen“bei Yoga am Berg oder „Aufleben“bei Skifahren und Thermenbesuch. In Wagrain wird im G-Link gefrühstückt und zum Action-Fotoshooting gebeten. Am Hochkönig werden Einsteiger im Skitourengehen geschult. Und beim Dachstein-Erlebnistag steht als Höhepunkt eine Freeride-Fahrt über das Edelgrieß auf dem Programm.
„Wir verstehen uns als Ski-Erlebniswelt“, sagt Ski-amadé-Chef Eisinger. Mit den Tagespaketen folge man dem Trend hin zur Erlebnisdichte und Inszenierung. Der Schnelllebigkeit unterwerfe man sich damit nicht, betont er. Im Gegenteil. Durch die kleinen Gruppengrößen von maximal zwölf und mindestens vier Teilnehmern pro Termin werde individuelle Zuwendung geboten und damit voller Genuss. „Der Guide kann sich um jeden Gast auch wirklich kümmern.“
Skiführer Robert Lindebner tut das mit Hingabe. Während die Gondel nach oben schwebt, erzählt er viel und dabei viel Interessantes – über Hangneigungen und PiepsFunktionen oder wie man den Aufbau der Schneedecke „liest“. Und dass die Männer der Lawinenwarnkommission, die täglich für die Entscheidung über Sperren, Sprengen oder Freigeben des Geländes zuständig sind, 22 Euro am Tag verdienen, „für so einen wichtigen Job“.
Wir gehen auf Nummer sicher, wenn auch vorerst quasi im Blindflug auf der Piste bis zur Mittelstation. Ab Beginn der Baumgrenze klart es auf. Also ab ins Gelände. Unser Guide führt uns sicher zu noch jungfräulichen Hängen: Herrlicher Tiefschnee, echter Winter, das Herz hüpft. Skifahren im Tief- schnee sei ganz einfach „das schönste Gefühl“, ist man sich nach den ersten Schwüngen einig.
Dabei folgt am Nachmittag noch die luftige Fahrt mit dem Flying Fox über Bad Gastein. Und die offenbart bisher ungekannte Einblicke in den Kurort. Mächtig erheben sich die historischen Gebäude über der Gasteiner Ache. Frei und ungezähmt schlängelt sich der Gebirgsfluss durch den Ort, zuerst als eindrucksvoller Wasserfall, dann plätschernd und fließend über flache Felsen. Die einzigartige Szenerie lässt rasch vergessen, dass man sich in schwindelnder Höhe befindet und dabei nur an einem Seil hängt.
Durch den Ort geht es zu Fuß zurück zum alten Casino, das 2015 seinen Betrieb einstellte. Mittlerweile ist das Haus wieder lebendig. Das „De L’Europe“ist eingezogen mit „Bed & Breakfast“-Zimmern und Appartements. Und in der Restaurant-Bar Ginger n’ Gin bleibt keine Kehle trocken. Die Auswahl von 150 Gin-Marken macht allein beim Anblick schwindlig. Doch Bar-Chef Hansi Weidlinger berät professionell mit rotem Zylinder auf dem Kopf. In Österreich, erklärt er, tränken die meisten völlig falsch, nämlich zu leicht dosiert, ihren Gin Tonic. Richtig machten es die Engländer, „die nehmen vier Zentiliter Gin und zwei Tonic“. Abheben in Bad Gastein hat eben Stil.