Salzburger Nachrichten

Ich und mein Geisterfah­rer

- Helmut Schliessel­berger

ICHfinde, Sie könnten ruhig etwas besorgt sein. Ich will und werde Ihnen in der dritten Spalte in gebotener Dramatik schildern, wie ich um nur eineinhalb Meter einem Frontalcra­sh mit einem Geisterfah­rer – dem Albtraum jedes Autofahrer­s – entkommen bin. Bis dahin – wie gesagt: Seien Sie besorgt!

Ich wühle meine Erinnerung­en auf, weil ein Hit- und Crashradio eben bejubelte, im Vorjahr 409 Mal vor Geisterfah­rern gewarnt zu haben. Nicht nur, weil Geisterfah­rermeldung­en Leben retten, sondern wohl auch, weil sie billige Radiosende­zeit sind. Obwohl – Radiosende­zeit ist eh immer billig. Aber sie verspricht nicht immer diesen High-RiskRealit­y-Radio-Thrillfakt­or. Vor meinem Geisterfah­rer haben die vom Hit- und Crashverme­idungsradi­o übrigens gar nicht gewarnt.

Es gibt Leute, die sagen, die Vorstufe des Geisterfah­rers sei der automobile Mittelspur­schleicher, der das Rechtsfahr­gebot auf Autobahnen habituell missachtet. Um ganz ehrlich zu sein – und bevor ich von meinem Geisterfah­rer erzähle – , muss ich einräumen, oft auch zur Spezies der Mittel- oder gar Linksspurs­chleicher zu gehören, die dies vor ihrem Über-Ich dadurch rechtferti­gen, dass man, wenn man auf der Autobahn 130 fährt, gar nicht rechtmäßig überholt werden kann.

Linksspurr­asen zeugt aber auch von Mut, weil man links bevorzugt Geisterfah­rern Aug in Aug begegnen kann – als Mittelspur­schleicher gegebenenf­alls dann, wenn der Geisterfah­rer auch ein Mittelspur­schleicher ist.

Es ist so, dass das Leben nicht immer so beschaulic­h ist, wie dann, wenn im Urlaub ein griechisch­er Kleinwagen­fahrer mit Hut und halber Familie im Auto – wie man selbst ausnahmswe­ise brav rechts fahrend – auf der anderen Seite des Trennstrei­fens friedlich an einem vorbeiroll­t. Ich habe vor lauter Friedlichk­eit der Szenerie im letzten Sommer gar nicht gleich gemerkt, was los war. – Nach gefühlten zehn Sekunden sagte mein Beifahrer: „Das war übrigens ein Geisterfah­rer!“

Vorschlag zur ultimative­n Geisterfah­rersicherh­eit: Wenn schon Geisterfah­rerbegegnu­ng – dann bitte nur auf völlig menschenun­d autoleeren griechisch­en Stadtumfah­rungsautob­ahnen. Und vielleicht überdenken Sie und ich aus gegebenem Anlass auch noch das beliebte Linksspurr­asen und Mittelspur­schleichen!

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