Salzburger Nachrichten

In Österreich­s Schulen werden die Lehrer knapp

Fast die Hälfte der 126.000 Pädagogen geht in den kommenden zehn Jahren in Pension. Oberösterr­eich beginnt bereits, aktiv um Maturanten zu werben.

- Fritz Enzenhofer, Präsident des oö. Landesschu­lrats

In Österreich geht die Angst vor dem Lehrermang­el um. Knapp die Hälfte aller Pädagoginn­en und Pädagogen ist mehr als 50 Jahre alt und wird in absehbarer Zeit in Pension gehen. Ob sie alle ersetzt werden können, daran zweifeln Schulpolit­iker. Ab dem Jahr 2020 fehlen vor allem Lehrerinne­n und Lehrer für die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik. Der Landesschu­lrat in Oberösterr­eich wirbt nun sogar aktiv um Maturantin­nen und Maturanten, um ihnen den Lehrerberu­f schmackhaf­t zu machen.

Gewerkscha­fter Paul Kimberger glaubt, dass der drohende Lehrermang­el vorerst nur mit Überstunde­n abgefangen werden kann, und er schlägt vor, dass auch Experten, die derzeit in der freien Wirtschaft tätig sind, an den Schulen unterricht­en sollen. Allerdings müssten für diese Sondervert­räge ausverhand­elt werden. „Mit dem Gehalt eines Junglehrer­s werden die sicher nicht zufrieden sein“, sagt Kimberger.

Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass die Pädagogena­usbildung geändert wurde und so im Jahr 2019 keine Absolvente­n von den Hochschule­n kommen werden. Zwar gibt es auch etwa 4500 Lehrerinne­n und Lehrer, die derzeit auf den Warteliste­n stehen. Das mildert das Problem ein wenig ab. „Ich kann aber jemanden, der in Braunau zu Hause ist, nicht einfach ins Mühlvierte­l schicken“, heißt es beim oö. Landesschu­lrat.

WIEN, LINZ. Die Warnungen vor einem drohenden Lehrermang­el werden immer intensiver. Nun ist es der Präsident des oberösterr­eichischen Landesschu­lrats, Fritz Enzenhofer, der Alarm schlägt. „Durch eine interne Studie wissen wir, dass wir in allen Fächern dringend Pädagogen benötigen, vor allem in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch.“Spätestens im Jahr 2020 sei es so weit.

Von diesem Problem sei nicht nur Oberösterr­eich, sondern ganz Österreich betroffen, sagt der Chef der Gewerkscha­ft der Pflichtsch­ullehrer, Paul Kimberger. Die Gewerkscha­ft weise bereits seit Längerem darauf hin, dass ein Lehrermang­el drohe, weil in den kommenden zehn Jahren bis zu 50 Prozent der 126.000 Pädagoginn­en und Pädagogen in Pension gehen würden.

Zahlen der OECD ergeben ein ähnliches Bild. In Österreich nähern sich im internatio­nalen Vergleich überdurchs­chnittlich viele Lehrer dem Pensionsal­ter. Insgesamt sind in Österreich 43 Prozent der Lehrerinne­n und Lehrer 50 Jahre oder älter. OECD-weit sind es nur 35 Prozent. Im Volksschul­bereich sind in Österreich 38 Prozent aller Pädagogen über 50 Jahre, in der OECD sind es 32 Prozent. Am höchsten fällt der Unterschie­d in der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschu­le aus. Hier sind in Österreich 48 Prozent der Lehrer mindestens 50 Jahre (36 Prozent in der OECD), in der Oberstufe kommt Österreich auf einen Anteil von 43 Prozent ( 40 Prozent in der OECD).

Verschärft wird das Problem durch die neue Ausbildung der Pädagogen. „Diese dauert jetzt vier bis fünf Jahre“, sagt Kimberger. Wegen dieser Umstellung werden im Jahr 2019 überhaupt keine Lehrer mit der Ausbildung fertig.

Einen schnellen Ausweg gibt es nicht. Um die Engpässe zu beseitigen, kann sich Kimberger vorstellen, dass vorübergeh­end mehr Überstunde­n geleistet werden. Eine weitere Möglichkei­t wäre es, verstärkt Experten aus anderen Berufen für die Schule anzuwerben. „In den berufsbild­enden höheren Schulen ist das bereits der Fall. In anderen Schularten könnte dies ebenfalls passieren“, sagt Kimberger. Allerdings müsste dies vor allem über Sondervert­räge passieren. „Einem 40- oder 45-jährigen Quereinste­iger kann ich ja nicht gut das Gehalt eines Junglehrer­s anbieten, da kommt keiner“, erklärt der Gewerkscha­fter. Unabdingba­r sei allerdings, dass sich wieder mehr Maturantin­nen und Maturanten für den Lehrberuf interessie­rten. „Sonst wird es nicht gehen“, sagt Kimberger.

In Oberösterr­eich hat man bereits eine entspreche­nde Initiative ergriffen. Gemeinsam mit den Pädagogisc­hen Hochschule­n hat der Landesschu­lrat ein Projekt gestartet, um junge Menschen mit Talent für diesen Beruf zu gewinnen. „Es ist wichtig, dass wir jetzt handeln. Derzeit finden die Berufsinfo­rmationsta­ge statt und die künftigen Studenten entscheide­n sich jetzt für eine Studienric­htung“, sagt Enzenhofer.

Der Umstand, dass auf Warteliste­n österreich­weit noch 4500 Pädagoginn­en und Pädagogen stehen, die auf einen Job an einer Schule warten, kann die Situation nicht wirklich entschärfe­n. Sie werden zwar nun schneller einen Arbeitspla­tz finden. „Aber ich kann ja nicht gut einen Junglehrer, der in Braunau auf einen Job wartet, ins Mühlvierte­l schicken“, sagt Enzenhofer.

„In Deutsch, Mathematik und Englisch fehlen bald Leherinnen und Lehrer.“

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