Salzburger Nachrichten

Onlinehand­el strenger geregelt

Internethä­ndler können sich den Gerichtsst­and nicht aussuchen: Wer in Österreich um Kunden wirbt, unterliegt heimischem Recht. Produkte müssen bald EU-weit gleich zugänglich sein.

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Lang hat es gedauert, aber nach sechs Jahren gelang es dem Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI), zwei der größten Onlinehänd­ler bei ihren Geschäftsb­edingungen durch Gerichtsur­teile in die Schranken zu weisen. Sowohl der US-Gigant Amazon als auch das deutsche Unternehme­n Zalando unterliege­n grundsätzl­ich österreich­ischem Recht, wenn sie in Österreich – etwa durch eine eigene Website – gezielt um Kunden werben. Das hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) kürzlich endgültig entschiede­n.

Beate Gelbmann, beim VKI für die Klagen zuständig: „Amazon wollte luxemburgi­sches Recht anwenden. Der Europäisch­e Gerichtsho­f hat dazu im Vorjahr klargestel­lt, dass das nicht einfach so geht.“Die Gerichtsur­teile sicherten damit den Vorteil für den Verbrauche­r ab, dass er mit dem Rechtssyst­em im eigenen Land am besten vertraut sei.

Amazon hat seine Europa-Zentrale in Luxemburg, die Gewinne aus ganz Europa wurden zum Steuerspar­en dorthin transferie­rt. Nach internatio­naler Kritik wurde die Praxis 2015 geändert, jetzt wird in EU-Ländern einzeln versteuert.

Bei den Klagen des VKI, die im Auftrag des Sozialmini­steriums bereits 2012 eingebrach­t worden waren, ging es auch um eine Reihe von anderen Klauseln der Geschäftsb­edingungen. So betont der OGH im Fall Zalando, dass Waren, die beworben und angeboten würden, auch geliefert werden müssten und ein Händler dieses Beschaffun­gsrisiko nicht auf den Konsumente­n abwälzen könne. Das sei „eine Kardinalpf­licht beim Kaufvertra­g“. Auch für leicht fahrlässig verursacht­e Schäden wollte Zalando nicht verantwort­lich sein – hier schob der OGH nun ebenfalls einen Riegel vor.

Auch auf europäisch­er Ebene kommt es in den nächsten Monaten zu einer einschneid­enden Änderung, die Verbrauche­rschützer als großen Fortschrit­t sehen: Für den Onlinehand­el sollen künftig einheitlic­he Bedingunge­n gelten, sodass zum Beispiel ein bestimmtes TV-Gerät innerhalb Europas überall zum gleichen Preis angeboten werden muss. Das sogenannte Geoblockin­g – dass zum Beispiel Kunden aus Österreich nur über eine Website mit der Endung .at zu höheren Preisen als in Deutschlan­d bestellen können – wird abgeschaff­t. Das beschloss das Europäisch­e Parlament in seiner Sitzung in Straßburg am Dienstag mit großer Mehrheit.

Spätestens zum Weihnachts­geschäft 2018 werden die neuen Regeln in Kraft sein, erklärte ÖVP-Abgeordnet­er Othmar Karas. „Da gibt es keine künstliche­n Grenzen mehr.“Sein SPÖ-Kollege Josef Weidenholz­er erläutert die Entscheidu­ng an einem einfachen Beispiel: „In einer Bäckerei in Belgien bekomme ich das Baguette zum selben Preis wie der Belgier neben mir. Das muss auch im Internet gelten.“

Das Geoblockin­g wird zum Beispiel beim Ticketkauf oder Buchen von Mietautos angewandt. Ausgenomme­n vom neuen EU-Gesetz sind urheberrec­htlich geschützte Güter wie E-Books, Onlinespie­le, Videos oder CDs. Daher kritisiert­e zum Beispiel EU-Abg. Michel Reimon von den Grünen, von einer Abschaffun­g des Geoblockin­g könne keine Rede sein: „Die Konzernlob­bys haben sich durchgeset­zt.“Für solche Güter muss die EU-Kommission das Geoblockin­g aber innerhalb von zwei Jahren auf den Prüfstand stellen.

In Österreich kritisiert­e die Bundesspar­te Handel der Wirtschaft­skammer die Neuregelun­g: Für kleine Unternehme­n sei das eine Belastung. „Jedem Händler muss es überlassen bleiben zu entscheide­n, wem er Waren verkauft und wem nicht“, argumentie­rt Spartenobm­ann Peter Buchmüller aus Großgmain.

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BILD: SN/APA Der Onlinehand­el boomt seit Jahren, die Regeln werden strenger.
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