Am Schmerz darf man nicht „herumdoktern“
Viele Menschen mit chronischen Schmerzen suchen keine professionelle Hilfe. Jetzt gibt es eine Strategie zur Selbsthilfe.
WIEN. Ein Viertel der österreichischen Bevölkerung leidet an chronischen Schmerzen. Nun zeigt eine neue Studie der Medizinuniversität Wien, dass Schmerzpatienten weniger leiden würden, hätten sie die geeignete Gesundheitskompetenz. Die kann man erlernen. Es ist dies die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden.
Bei den Versuchspersonen der Studie wurde die Intensität der Schmerzen als geringer empfunden. Damit einher ging auch eine verringerte Behinderung durch eben diese chronischen Schmerzen. Studienleiter Thomas Dorner würde gern eine solche Gesundheitskompetenz in der Gesamtbevölkerung verstärken. Und sagt: „Es ist erstaunlich, dass es doch etlichen Österreichern mit chronischen Schmerzen gelingt, sich individuelle Bewältigungsstrategien zu schaffen, sodass sie auf eigenen Füßen stehen können, in der Arbeit produktiv sind und außerdem nicht ständig in ärztlicher Behandlung sein müssen.“
Chronischer Schmerz ist sehr komplex. Er umfasst biologische, psychologische und soziale Aspekte, die häufig von Störungen wie Depressionen, Schlafstörungen, Beeinträchtigungen im Sexualleben, und mit schwerwiegenden Konsequenzen im Alltag einhergehen.
Dorner: „Es gibt aber eben immer noch sehr viele Menschen mit chronischen Schmerzen, die sich keine professionelle Hilfe suchen. Sie verfügen auch nicht über nötige Kompetenzen im Selbstmanagement. Damit beginnt eine sich nach unten drehende Spirale: Der Betroffene geht mit Schmerzen in die Arbeit, macht Fehler, verliert den Job, dann soziale Kontakte und landet nicht selten in der Isolation.“Viele der genannten Faktoren müssten mehr „gemanagt“als geheilt werden, betont der Sozialmediziner.
Und sagt: „Chronische Schmerzen erfordern oft eine patientenzentrierte, personalisierte, integrierte Versorgung mit multiprofessionellen Teams, in denen der Patient und nicht die Krankheit im Fokus der Behandlung steht und auch die Patienten selbst dank perfektem Selbstmanagement auf Augenhöhe Teil dieses Teams sind.“