Ein Hip-Hop-Poet, eine Jazzlegende und eine Vision
Es ist gar nicht leicht, der Liste seiner Berufsbezeichnungen noch etwas hinzuzufügen. Als Rapper und Slam-Poet wurde Saul Williams groß. Als Schauspieler verhalf er dem Film „Slam!“zu einem Sieg in Cannes und spielte die Hauptrolle im ersten Rap-Musical auf dem Broadway. Als Aushängeschild einer alternativen Hip-HopSzene macht er sich lieber auf brisante Gesellschaftsthemen einen Reim als auf die ewigen Klischees des Genres. Trotzdem verschaffte sich Williams mit seinen zornigen Botschaften auch im Mainstream Gehör: Er arbeitete mit De La Soul und den Fugees und ging mit den Rockern Nine Inch Nails auf Tour. Nur ein Verdienst als Jazzer schien lange Zeit in der Liste noch zu fehlen. Jetzt allerdings erweitert Williams als fünfte, kraftvolle Stimme das Quartett einer Jazzlegende.
Nicht umsonst werden Hip-Hop und Jazz immer wieder miteinander verglichen: Die Energie der Musik, der freie Umgang mit dem Material, ob es nun Töne sind oder Worte, die Kraft, mit der afroamerikanisches Erbe in die Gegenwart geholt wird, bieten genügend Anknüpfungspunkte.
Wie sich Sprach- und Melodiefluss ergänzen und gegenseitig befeuern können, ist nun auf dem Album „Blues for Memo“von David Murray zu hören, für das er sich Williams als Gesprächspartner geholt hat. David Murrays Saxofon gehört selbst zu den mächtigen Stimmen im Jazz. Warum er seit 2014 immer wieder mit Williams gemeinsame Sache macht, sagte er anlässlich der Album-Veröffentlichung letzte Woche der französischen Zeitung „Libération“: „Er ist brillant, er hat eine Vision.“Diese wollen Williams und David Murrays Quartett auch live predigen: Heute, Freitag, gastiert die Formation im Salzburger Jazzit (20.30 Uhr), morgen, Samstag, im Wiener Porgy & Bess.