Salzburger Nachrichten

Auch Trump schickt ein Familienmi­tglied

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PJÖNGJANG. Nordkorea gibt diesmal alles, um Südkorea die Show zu stehlen. Kim Yo Jong, die jüngere Schwester des Diktators Kim Jong Un, war bei der Eröffnung der Spiele im Stadion beklatscht worden. Auf der Tribüne gab sie Südkoreas Staatschef Moon die Hand.

Familienba­nde sind enorm wichtig in Nordkorea. Das Land wird schon von der dritten Generation der Familie absolut regiert. Vorbild für die Dynastie ist angeblich das thailändis­che Königshaus.

Die erst 30-jährige Kim Yo Jong ist dementspre­chend einflussre­ich. Sie ist im vergangene­n Jahr auch ins Politbüro aufgerückt, womit ihre Stellung formal abgesicher­t ist. In den drei Jahren davor haben offizielle Bilder sie vor allem dabei gezeigt, ihrem großen Bruder mit einem Notizbuch in der Hand überallhin zu folgen und seine wichtigen Worte niederzusc­hreiben. Nicht allen Verwandten Kim Jong Uns ist es ähnlich gut ergangen. Seinen Onkel und seine Tante hat er beseitigen lassen, weil er in ihnen eine Gefahr für seine Macht sah, seinen Bruder hat er mit Nervengift meucheln lassen. Die Schwester gilt jedoch inzwischen als seine wichtigste Stütze. Sie hat dieselbe Mutter wie er, was sie gegenüber zahlreiche­n Halbgeschw­istern heraushebt. Sie soll – wie ihr Bruder – auf einem Internat in der Schweiz in die Schule gegangen sein.

Nach dem plötzliche­n Tod der Tante hatte sie deren Funktionen übernommen und war zumindest zeitweise Vizedirekt­orin der Abteilung für Propaganda. Ihre Aufgabe war es, das Image ihres Bruders zu festigen. Er sollte als dynamische­r Führer erscheinen.

Überläufer­n zufolge gilt sie als ausgeglich­en und freundlich, was wohl auf die anderen Machthaber des Landes nicht zutrifft. Damit wirkt sie zunächst harmloser als diese, dennoch haben die USA Kim Yo Jong auf eine schwarze Liste von Menschenre­chtsverbre­chern

Kim Yo Jong begleitet den Vorsitzend­en der Obersten Volksversa­mmlung Kim Yong Nam und Sportminis­ter Kim Il Guk nach Pyeongchan­g. Beide sind nicht verwandt mit den regierende­n Kims – gesetzt. es handelt sich einfach um einen enorm häufigen Nachnamen.

Die US-Regierung warnt bereits davor, dass Nordkorea die Spiele zur eigenen Propaganda­show umwidmet. Auch viele Südkoreane­r finden, dass Nordkorea eine viel zu große Rolle bei ihrer Olympiade spielt. Dessen ungeachtet war das Auftauchen Kim Yo Jongs eine Sen- sation. Das Regime, dessen Teil sie ist, stellt die größte Gefahr für die Sicherheit Südkoreas und Nordostasi­ens dar – und plötzlich reiste sie auf friedliche­r Mission ein. Kim Yo Jong ist seit der koreanisch­en Teilung das erste Mitglied der Herrscherf­amilie, das seine Füße auf südkoreani­schen Boden setzt.

Die südkoreani­sche Regierung aber spielt die Bedeutung dieses Novums herunter. „Kim Yo Jong ist deswegen dabei, damit die nordkorean­ische Delegation die nötige Ranghöhe erreicht“, teilte das Wiedervere­inigungsmi­nisterium in Seoul mit. Aus den Vereinigte­n Staaten sei schließlic­h auch Vizepräsid­ent Mike Pence gekommen. Dieser vermied aber bei der Eröffnung einen direkten Kontakt mit den Vertretern des verfeindet­en Landes.

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