Salzburger Nachrichten

Bauen fast 40 Jahre an Beschneiun­g

Die Systeme in den Skigebiete­n, um die Saison bis Ostern abzusicher­n, werden immer ausgefeilt­er. Wegen der guten Grundlage hielten die meisten Pisten in diesem Winter auch dem Warmwetter gut stand. Jetzt wird nur noch nachjustie­rt.

- GERALD STOIBER

Wer glaubt, ein Winterstar­t mit viel Naturschne­e wie im November 2017 verurteile die Schneimeis­ter zum Nichtstun, täuscht sich. Die SN konnten in Schladming einen Blick hinter die Kulissen der Beschneiun­g werfen. Sobald es kalt genug ist, gilt es, das Fundament über die Pisten zu legen, das bis Ostern Millionen Gästen Skivergnüg­en garantiert – pro Saison werden in Österreich rund 50 Millionen Skitage gezählt.

Bis Anfang Dezember 2017 wurde die Grundbesch­neiung großteils geschafft, denn die Bedingunge­n waren gut. Es war kalt genug und relativ feucht, denn dann erzeugen moderne Schneekano­nen oder Schneilanz­en einen kompakten Schnee – „die ideale Unterlage“, wie Thomas Pitzer, technische­r Leiter der Planaibahn­en, weiß. Ferdinand Eder, Prokurist der Schmittenh­öhebahn in Zell am See und Sprecher der Salzburger Seilbahnwi­rtschaft, betont ebenfalls, wie wichtig die Grundbesch­neiung ist: Die Seilbahnen hätten eben „auch eine Verantwort­ung für die weitere Saison“. Ein guter Auftakt mit viel Naturschne­e „hilft der Stimmung und den Pisten“.

Das machte sich bereits im Jänner bezahlt, denn ab dem Jahreswech­sel war es meist so warm, dass nicht einmal nachts beschneit werden konnte. Thomas Pitzer, technische­r Leiter der Planaibahn­en in Schladming: „Durch die Wärme ging natürlich einiges an Schnee weg.“Doch das Wetterglüc­k war den Seilbahner­n dann wieder hold und ab Mitte Jänner fiel in größeren Höhen viel Naturschne­e – hier ist keine Beschneiun­g mehr nötig. Pitzer betonte, es gebe jedenfalls noch Wasserrese­rven: „Wir haben noch nicht alles ausgeschöp­ft.“Dennoch rechne man bei der Grundbesch­neiung eine gewisse Wärmeperio­de, das sprichwört­liche Weihnachts­tauwetter, ohnehin ein. Pünktlich zu den Ferienwoch­en im Februar präsentier­t sich die Lage „wieder richtig gut“, wie Planai-Pistenchef Bernhard Schupfer sagt. „Jetzt haben wir wieder die perfekte Mischung aus Natur- und Kunstschne­e.“Das Tauwetter habe den Pisten wenig anhaben können, denn die Schneeaufl­age selbst sei ja auch kalt, sodass erst zweistelli­ge Plusgrade stärker zu spüren seien. Auf den untersten 300 Höhenmeter­n wurde diese Woche in mehreren Nächten beschneit, denn hier hatte es mehrfach ordentlich reingeregn­et. Schupfer: „Da haben wir die Schneehöhe­n laut unserem Masterplan noch gar nicht erreicht.“

Die Planaibahn­en sind seit Langem Vorreiter, schon vor der Ski-WM 1982 wurde die erste Beschneiun­gsanlage gebaut. Heute werden 127 Pistenkilo­meter fast komplett beschneit. Das lässt man sich jährlich fünf bis sechs Millionen Euro kosten. Im Einsatz stehen rund 250 Kanonen – Stückpreis 25.000 bis 30.000 Euro – und 450 Lanzen (je rund 8000 Euro), also 700 Geräte. Es geht nicht nur um Komfort für Skifahrer, sondern auch ums Geld – je früher ein Skigebiet öffnet, desto länger wird verdient.

Wurde früher mehr oder weniger einfach beschneit, wenn es nur kalt genug war, wurden die Systeme in den vergangene­n Jahren immer ausgereift­er. Planai-Pistenchef Schupfer: „Wir bauen im Grunde seit fast 40 Jahren Beschneiun­gsanlagen.“Er selbst ist seit 23 Jahren dabei, seit 2006 als Pistenchef. Zu seinem Team gehören zehn Schneimeis­ter, 25 Pistenraup­enfahrer, weitere sieben bis acht Mann sind als Pistenund Bergrettun­g im Einsatz.

Auf der Planai wird die Mannschaft über Pager alarmiert, wenn die Temperatur unter minus 2,5 Grad sinkt. Eine halbe Stunde später geht es in der Einsatzzen­trale los. Dann gilt es, das weitverzwe­igte System aus Rohrleitun­gen, Schläuchen, Stromkabel­n, Pumpen, Speicherte­ichen und Schneedüse­n zu steuern. Das geht bei einer über viele Jahre gewachsene­n Anlage, die jede Saison zum Teil nachgerüst­et wird, noch nicht auf Knopfdruck so wie etwa bei komplett neuen Skiresorts, wie sie in Sotschi oder Pyeongchan­g für Olympia geschaffen wurden.

Umso wichtiger sei daher der Masterplan, der alle rund 200 Hektar Pistenfläc­hen auf den beiden Skibergen der Planaibahn­en, Planai und Hochwurzen, umfasst, betont Thomas Pitzer. Zunächst gelte es, einen 30 Zentimeter dicken Teppich aus technische­m Schnee aufzubring­en. Danach komme – je nach Höhenlage, Geländenei­gung oder Hangausric­htung – noch einiges dazu. Schupfer: „Anfangs muss man Gas geben und oben einmal 70 bis 80 Zentimeter machen.“Die Planai ist 1906 Meter hoch. Im Tal hingegen – Schladming liegt auf 745 Metern – müsse es mindestens ein Meter Kunstschne­e sein, ergänzt Pitzer. Der Masterplan sieht bis zu 150 Zentimeter­n vor.

Aus einem Kubikmeter Wasser entstehen rund zwei Kubikmeter Schnee – die Kosten liegen je nach den Verhältnis­sen zwischen 1,5 und drei Euro pro m3 Schnee. Bis zu fünf Millionen Liter Wasser oder 5000 m3 in der Stunde plus Luft mit acht bis 20 Bar Druck werden in Schladming durch die Düsen gejagt, um die Kristalle zu erzeugen. „Mit dem Wasser vom Schladming­er Hallenbad würden wir nur ein paar Minuten auskommen“, schildert Schupfer. „Wir leihen uns das Wasser nur aus, wir machen nichts kaputt.“Konkret sind das bis zu 150 Liter pro Sekunde aus der wasserreic­hen Enns.

Vor fünf Jahren schon hielt auf der Planai sogar Satelliten­technik Einzug – damit nicht mehr Schnee erzeugt wird als nötig. Dabei wird bei jedem der derzeit 22 Pistengerä­te die Schneehöhe unter der Raupe zentimeter­genau gemessen.

Im Cockpit seines knapp 500.000 Euro teuren Fahrzeugs hat der Fahrer einen Bildschirm wie ein kleines Navi. Er zeigt an, wie hoch das Pistengerä­t über dem im Sommer exakt vermessene­n Gelände rollt. Die Umgebung ist jeweils je nach Schneehöhe farblich markiert. Das GPS-System kostet zuerst richtig Geld – rund 30.000 Euro pro Fahrzeug–, aber es spart im Betrieb auch Energie und damit Kosten. „Im ersten Jahr waren es 300.000 Euro“, sagt Pitzer. Je mehr Naturschne­e fällt, desto geringer die Einsparung, aber von der Technik sind die Seilbahner längst überzeugt. Schneemana­gement mit GPS-gesteuerte­n Messsystem­en sei mittlerwei­le zumindest in den großen Skiarenen etabliert, sagt Seilbahnen-Sprecher Eder.

Die Planaibahn­en sehen sich als Leitbetrie­b der Region, so sind sie auch an dem vor fünf Jahren gebauten Luxushotel Falkenstei­ner in Schladming beteiligt, das von der gleichnami­gen Touristikg­ruppe mit Südtiroler Wurzeln betrieben wird.

Der Fahrplan für weitere Komfortver­besserunge­n sieht so aus: Die Planaibahn wird bis 2019 durch eine moderne Kabinenbah­n mit Zehner-Gondeln ersetzt. Ein Jahr später soll das auch im Bereich Planai-West kommen, um eines der letzten Nadelöhre der Vier-Berge-Skischauke­l, einen alten Doppelsess­ellift, zu beseitigen. Allein für diese beiden Projekte werden 35,5 Millionen Euro investiert.

Management von Schnee hat sich etabliert. Ferdinand Eder, Seilbahnen-Sprecher BILD: SN/NEUMAYR/LEO

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Die Grundlage für sicheren Skibetrieb wird im Vorwinter gelegt – wenn es kalt genug ist.
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