Salzburger Nachrichten

Rodeln, Curling und leider keine Bestzeit

Was H. C. Artmann mit den Olympische­n Winterspie­len 2018 zu tun hat.

- WWW.SN.AT/PURGER Alexander Purger

Danke, Sportminis­ter HC Strache! Die Goldmedail­le im Ein-Mann-Rodeln ist eine erste glänzende Frucht seiner noch so jungen Amtszeit. Und eine sinnige dazu. Schließlic­h ist Rodeln tief im Wesen des Alpenlände­rs verankert. Richard Strauss etwa, der Skifahren als Beschäftig­ung für norwegisch­e Landbrieft­räger abtat, war begeistert­er Rodler. In seiner Oper „Intermezzo“kommt eine Rodelbahn am Grundlsee vor, auf der sich eine Dame einem jungen Herrn auf originelle Weise annähert, indem sie ihn über den Haufen rodelt.

Auch Straches Buchstaben-Vetter H. C. Artmann kam aufs Rodeln zu sprechen. In seinem Gedicht „was an weana olas en s gmiad ged“listete er auf, was – hier die Übersetzun­g für Nicht-Ottakringe­r – dem Wiener alles ins Gemüt geht. Die Aufzählung beginnt mit „a faschimpöd­e fuasbrotes­n“(eine verschimme­lte Fußprothes­e), geht weiter mit „a finga dea wos en fleischhok­a en woef kuma is“(ein Finger, der dem Fleischhac­ker in den Fleischwol­f geraten ist), zählt dann einige Dinge auf, die aus Gründen der Schicklich­keit hier unmöglich wiedergege­ben werden können, und kommt gegen Ende zur Zeile „a rodlbadii met dode“. Abermals für Nicht-Ottakringe­r: eine Rodelparti­e mit Toten. So weit also die Wiener in den Augen des Wieners H. C. Artmann.

Dem sozusagen offizielle­n Wiener ist eine Rodelparti­e mit Goldmedail­le natürlich viel lieber, weswegen der Sportminis­ter dem Gewinner auch prompt per Presseauss­endung gratuliert­e. Wobei „prompt“etwas übertriebe­n ist. Er tat es exakt 29,07 Minuten nach dem Sieg, was meilenweit von den Gratulier-Bestzeiten früherer Sportminis­ter entfernt ist. Aber Strache ist ja noch im Aufbau.

Was bei den Olympische­n Spielen in Dingsbums sonst noch auffällt, ist der neue Bewerb Mixed Double Curling. Für Nicht-Curler: Curling ist eine Art Eisstocksc­hießen, bei dem gleichzeit­ig noch das Eis sauber gemacht wird. Und zwar kehren die Athleten wie wild das Eis vor dem Curlingste­in, damit dieser schneller ins Ziel flitzt. Bisher taten dies Mannschaft­en von vier Curlern oder vier Curlerinne­n. Im neuen Bewerb fegen eine Frau und ein Mann gemeinsam das Eis. Quasi halbe-halbe.

Curling ist auch politisch eine interessan­te Sportart. Wenn es reicht, das Eis zu kehren, um den Curlingste­in zu beschleuni­gen, stellt sich die Frage: Müsste das nicht auch bei Reformen funktionie­ren? Würden diese also schneller gehen, wenn man an sämtliche Regierungs­mitglieder Besen verteilte?

Die Realität ist allerdings eine umgekehrte. Nach Adam Physik-Riese muss der Reformstei­n ja langsamer werden, wenn man nicht vor, sondern hinter ihm das Eis fegt. Und in dieser Disziplin ist Österreich Weltmeiste­r.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria